Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Angemessenheitsprüfung für die Heizkosten. Unzulässigkeit der Anwendung des Computerprogrammes "Heikos". Anwendung des bundesweiten Heizkostenspiegels. Berücksichtigung nur der Heizenergieverbrauchswerte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Festsetzung einer Angemessenheitsgrenze für Heizkosten kann nicht unter Zugrundelegung von Durchschnittswerten erfolgen.

2. Das Computerprogramm "Heikos" ist für die Ermittlung eines Grenzwertes für angemessene Heizkosten ungeeignet.

3. Heizkosten sind bis zur Grenze des sich unter Anwendung des bundesweiten Heizspiegels (bei Fehlen eines regionalen Heizspiegels) ergebenden Wertes für "extrem hohen" bzw. "zu hohen" Heizenergieverbrauch zu übernehmen.

 

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 15.10.2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18.11.2008 und vom 18.12.2008 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2008 verurteilt, dem Kläger Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit von 01.11.2008 bis 28.02.2009 in Höhe von 335,42 € monatlich zu erstatten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der vom Beklagten zu gewährenden Leistungen für Unterkunft und Heizung, insbesondere die Höhe der zu berücksichtigenden Heizkosten, streitig.

Der 1965 geborene Kläger steht seit Anfang 2005 mit Unterbrechungen im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beim Beklagten. Er bewohnt eine Ein-Zimmer-Wohnung der Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkunft der Stadt F. mit einer Größe von 34,09 Quadratmetern zu monatlichen Benutzungsgebühren in Höhe von 259,42 EUR. Die Warmwasserbereitung erfolgt über Elektroboiler. Für Heizkosten hat der Kläger monatlich Abschlagszahlungen für Gas an die Stadtwerke F. zu entrichten. Für die Zeit ab November 2007 waren Abschläge in Höhe von 64,00 EUR festgesetzt.

Mit Änderungsbescheid vom 17.10.2007 setzte der Beklagte für die Zeit vom 01.11.2007 bis 29.02.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 316,89 EUR fest. Die Heizkosten würden ab November 2007 in Höhe von 64,00 EUR berücksichtigt. Es werde darauf hingewiesen, dass die Heizkosten anhand der letzten Nebenkostenabrechnung unangemessen hoch seien. Der Kläger werde aufgefordert, diese Kosten zu senken, da bei der nächsten Heizkostenabrechnung nur noch die angemessenen Kosten berücksichtigt werden könnten. Als angemessen gelte im Falle des Klägers eine monatliche Heizkostenpauschale von 52,65 EUR. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte als unzulässig zurück. Im darauffolgenden Klageverfahren schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach der Beklagte zusagte, die Heizkosten des Klägers in tatsächlicher Höhe zu übernehmen, solange dem Kläger unwirtschaftliches Heizen nicht nachgewiesen werde. Der Kläger sagte zu, die Heizkosten im Rahmen seiner Möglichkeiten gering zu halten.

Im darauffolgenden Bewilligungszeitraum gewährte der Beklagte Kosten für Unterkunft und Heizung in der bisherigen Höhe.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 30.07.2008 setzte der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 31.07.2008 Leistungen für die Zeit vom 01.09.2008 bis 28.02.2009 in Höhe von 667,79 EUR fest (351,00 EUR Regelleistung, 316,79 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung).

Die Jahresabrechnung der Stadtwerke F. vom 18.09.2008, welche der Kläger am 18.09.2008 beim Beklagten eingereicht hat, ergab für die Zeit vom 31.08.2007 bis zum 02.09.2008 Gaskosten in Höhe von insgesamt 1.006,48 EUR. Der Gasabschlag für die Zeit ab 01.11.2008 wurde auf 93,00 EUR festgesetzt. Es ergab sich ein Gesamtverbrauch in 369 Tagen von 13.134 kWh. Der Vorjahresverbrauch für 302 Tage wurde auf 8.422 kWh beziffert. Die Verbrauchsabrechnung ergab einen Nachzahlungsbetrag von 305,88 EUR.

Mit Änderungsbescheid vom 15.10.2008 setzte der Beklagte die Leistungen für die Zeit vom 01.11.2008 bis 28.02.2009 auf 657,79 EUR monatlich neu fest (351,00 EUR Regelleistung, 306,79 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung). Ab November 2008 werde der Gasabschlag auf den Maximalbetrag von 54,00 EUR gekürzt. Mit Bescheid vom 17.10.2007 sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass die Heizkosten zu hoch seien. Ebenfalls sei der Kläger aufgefordert worden, die Heizkosten zu senken, da bei der nächsten Nebenkostenabrechnung nur noch die angemessene Höhe berücksichtigt werden könne. Da der Gesamtverbrauch im Gegensatz zum Vorjahr um 4.712 kWh gestiegen sei, werde von unwirtschaftlichem Verhalten ausgegangen.

Am 16.10.2008 legte der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch ein. Zur Begründung verwies er auf den vor dem Sozialgericht Stuttgart in dem vorangegangenen Klageverfahren geschlossenen Vergleich.

Mit Änderungsbescheid vom 18.11.2008 setzte der Beklagte die Leistungen für die Zeit v...

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