Entscheidungsstichwort (Thema)

Erziehungsgeld. nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer- Aufenthaltstitel. Arbeitserlaubnis. § 1 Abs 6 BErzGG idF vom 13.12.2006. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. § 1 Abs 6 BErzGG idF vom 13.12.2006 ist verfassungsgemäß und steht im Einklang mit der Entscheidung des BVerfG vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 = BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4.

2. Durch Art 1 Abs 6 BErzGG idF vom 13.12.2006 werden zwar Nicht-EU-Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 3 AufenthG 2004 auch dann gegenüber Nicht-EU-Ausländern mit einer auf anderen Vorschriften beruhenden Aufenthaltserlaubnis benachteiligt, wenn sie - wie die Klägerin - über eine Arbeitserlaubnis verfügen. Diese Differenzierung ist nach Auffassung der Kammer jedoch sachgerecht.

 

Nachgehend

BSG (Vorlegungsbeschluss vom 03.12.2009; Aktenzeichen B 10 EG 5/08 R)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um einen Anspruch der Klägerin auf Erziehungsgeld für die Zeit vom 24. Mai 2005 bis zum 31. März 2006.

Die 1964 geborene Klägerin besitzt die kamerunische Staatsangehörigkeit und reiste am 29. September 1995 in das Bundesgebiet ein. Ihren Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 27. Februar 1996 ab und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Ausländergesetz (AuslG) nicht vorlägen. Während des anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erkannte das Bundesamt ein Abschiebungshindernis gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG mit Bescheid vom 03. Januar 2002 an. Nachdem der Aufenthalt der Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet worden war (zuletzt verlängert bis zum 04. Juni 2002), wurde er in der Zeit vom 15. Februar 2002 bis zum 15. Februar 2004 wegen Aussetzung der Abschiebung geduldet. Die der Klägerin am 10. Februar 2004 durch die Beklagte erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) wurde mindestens bis zum 09. Februar 2007 verlängert. Ferner erhielt die Klägerin von der Bundesagentur für Arbeit am 19. Februar 2004 eine unbefristete Arbeitsberechtigung nach § 286 Sozialgesetzbuch III.

Am 11. April 2006 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG.

Ausweislich eines Arbeitsvertrages vom 28. April 2004 war die Klägerin von diesem Tag an bis zum 30. September 2004 als Reinigungskraft beim Landesverband der Partei B B bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von zwei bis drei Stunden beschäftigt. Aus einem vom 01. Dezember 2004 bis Januar 2005 bestehenden Beschäftigungsverhältnis erzielte die Klägerin ein monatliches Arbeitsentgelt von 104 Euro. Seit dem 01. Januar 2005 bezieht die Klägerin Arbeitslosengeld II.

Am 14. Juni 2005 beantragte die Klägerin Erziehungsgeld für ihren ... 2005 geborenen Sohn A, der - so ihre Angaben - in ihrem Haushalt lebt, von ihr selbst betreut und erzogen wird und für den sie Personensorge hat. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Juni 2005 (bezüglich der Begründung geändert am 22. Juni 2005, Widerspruchsbescheid vom 15. August 2005) ab, da die Klägerin über keinen Aufenthaltstitel nach § 1 Abs. 6 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) verfüge und Satz 2 Nr. 3 dieser Vorschrift nicht in die Unvereinbarkeitserklärung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Juli 2004 einzubeziehen sei. Mit ihrer am 12. September 2005 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Anliegen - die Gewährung von Erziehungsgeld für die ersten 12 Lebensmonate ihres Sohnes A - weiter.

Während des Rechtsstreits bewilligte die Beklagte der Klägerin Erziehungsgeld ab dem 01. April 2006 (Bescheide vom 18. April 2006 und 18. Mai 2006). Die Klägerin erklärte den Rechtsstreit daraufhin in der Hauptsache für erledigt, soweit ihr Leistungen für den 11. und 12. Lebensmonat ihres Kindes bewilligt wurden, und beantragt, der Beklagten soweit die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Klägerin ist der Auffassung, es sei mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG) unvereinbar, dass Ausländer mit einem Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 3 BErzGG generell von der Gewährung von Erziehungsgeld ausgeschlossen seien. § 1 Abs. 6 Nr. 3 b BErzGG benachteiligte ausländische gegenüber deutschen Eltern sowie die Klägerin gegenüber ausländischen Eltern mit anderen Aufenthaltstiteln, ohne dass rechtfertigende Gründe bestünden. Die Begründung des BVerfG in seinem Urteil vom 06. Juli 2004 treffe auch auf die neue Rechtslage zu.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Erziehungsgeld dem Grunde nach für die Zeit vom 24. Mai 2005 bis zum 31. März 2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffenen Be...

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