Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsanspruch. Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf. unabweisbarer besonderer Bedarf. FFP2-Masken. Tragepflicht. Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Leistungsberechtigten. Anordnungsgrund. Anspruch gegen die Krankenkasse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein grundsicherungsrechtlicher Mehrbedarf auf Bereitstellung von FFP2-Schutzmasken scheidet im Regelfall aus, wenn die Bestimmungen zum Tragen von Atemschutzmasken (hier der Niedersächsischen Corona-Verordnung - juris: CoronaVV ND) eine Verpflichtung zum Tragen entsprechender Masken nicht vorsehen.

2. Ein unabweisbarer, besonderer Bedarf für die Beschaffung von FFP2-Schutzmasken oder medizinischen Schutzmasken besteht in der Regel nicht, da Leistungsberechtigte derzeit ausreichende Einsparmöglichkeiten in anderen Lebensbereichen haben.

3. Ein Anordnungsgrund liegt in der Regel nicht vor, wenn dem Leistungsempfänger ein Anspruch auf Schutzmasken gegenüber der Krankenkasse zusteht und er Kenntnis von diesem Anspruch hat.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig die Gewährung weiterer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) durch Ausstattung mit Atemschutzmasken.

Der E. 19… geborene Antragsteller zu 1 und die F. 19… geborene Antragstellerin zu 2 stehen im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II bei dem Antragsgegner. Mit Bescheid vom 28. Januar 2021 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von März 2021 bis Februar 2022. Mit Schreiben vom 11. Februar 2021 legten die Antragsteller hiergegen Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2021 wies der Antragsgegner den Widerspruch als unbegründet zurück. Hiergegen erhoben die Antragsteller am 23. Februar 2021 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2021 beantragten die Antragsteller bei dem Antragsgegner die Ausstattung beider Antragsteller mit jeweils 20 FFP2-Masken in der Woche bzw. die Zahlung einer entsprechenden Geldleistung. Zur Begründung führten die Antragsteller im Wesentlichen aus, dass aufgrund der aktuellen Lage der Corona-Pandemie eine Maskenpflicht bestehe. Die Anschaffung der Masken sei mit erheblichen Kosten verbunden, die weder im Regelbedarf enthalten noch durch Einsparungen in anderen Bereichen aufzufangen seien.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2021 teilte der Antragsgegner mit, dass der geltend gemachte Anspruch der Antragsteller nicht bestehe. Ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus § 21 Abs. 6 SGB II. Ein Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II liege nicht vor, da den Antragstellern ein Anspruch auf Schutzmasken gegenüber der Krankenkasse zustehe. Zudem sei der Regelbedarf nach dem SGB II auch für den Erwerb von FFP2-Masken ausreichend.

Die Antragsteller haben am 24. Februar 2021 bei dem SG Oldenburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung bezogen sich die Antragsteller auf den Beschluss des SG Karlsruhe vom 11. Februar 2021 (Az. S 12 AS 213/21 ER) und führten im Wesentlichen aus, dass sich ein Anordnungsanspruch vorliegend aufgrund der derzeit gültigen Verpflichtung zum Tragen von Schutzmasken ergebe. Der Anspruch auf Versorgung mit Schutzmasken gegenüber der Krankenkasse sei nicht ausreichend. Die darüber hinaus im Rahmen des geplanten Sozialschutzpakets beabsichtigte Zahlung von 150 € erfolge voraussichtlich erst im Mai 2021 und könne demnach den aktuellen Bedarf nicht decken. Ein Anordnungsgrund ergebe sich aus dem mit der bestehenden Maskenpflicht verbundenen erheblichen finanziellen Aufwand.

Die Antragsteller beantragen,

den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die Antragsteller mit einer bedarfsdeckenden Anzahl von FFP2-Masken zu versorgen, hilfsweise den Antragstellern eine Geldleistung zur Anschaffung entsprechender Masken zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich der Antragsgegner auf seine bisherigen Ausführungen und führt ergänzend hierzu im Wesentlichen aus, dass eine das Existenzminimum gefährdende Bedarfsunterdeckung nicht vorliege, da FFP2-Masken im Gegensatz zu dem von den Antragstellern zitierten Beschluss des SG Karlsruhe mittlerweile wesentlich günstiger zu erwerben und zudem wiederverwendbar seien. Es bestehe lediglich eine Pflicht zum Tragen von sog. OP-Masken, die in großer Zahl für einen relativ geringen Preis zu beschaffen seien. Die hieraus entstehenden Mehrkosten seien durch Umschichtung im Konsumverhalten sowie aufgrund von pandemiebedingten Einsparungen in anderen Bereichen bereits vom Regelbedarf gedeckt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

II.

D...

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