Entscheidungsstichwort (Thema)

Freiwillig Krankenversicherter. Erhebung von Säumniszuschlägen nach § 24 Abs 1a SGB 4. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die Erhebung von Säumniszuschlägen nach § 24 Abs 1a SGB 4 liegt noch innerhalb des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsraums und ist somit mit Verfassungsrecht vereinbar.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.

3. Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Säumniszuschlägen nach § 24 Abs. 1 a Viertes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IV).

1. Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. Dezember 2006 bis zum 15. März 2007 freiwillig krankenversichert und kam während dieser Versicherungszeit mit seinen Beiträgen in Rückstand. Die Beklagte kündigte das Versicherungsverhältnis zum 15. März 2007. Mit Bescheid vom 6. August 2007 wurde die Beitragsschuld in der Kranken- und Pflegeversicherung auf 685,08 € beziffert und die aufgelaufenen Säumniszuschläge auf 136,50 €. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers vom 4. September 2007 wurde durch Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 zurückgewiesen.

2. Mit der am 18. Januar 2008 bei dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Klage wendet sich der Kläger weiterhin isoliert gegen die Höhe der Säumniszuschläge, die gemäß § 24 Abs. 1 a SGB IV erhoben wurden. Er sieht sich durch die Höhe der Säumniszuschläge im Vergleich zu den gemäß § 24 Abs. 1 SGB IV zu erhebenden Säumniszuschlägen (vier Prozentpunkte Differenz) in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt und beantragt,

den Beitragsbescheid der Beklagten vom 6. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Dezember 2007 aufzuheben, soweit durch diese Bescheide ein Säumniszuschlag von mehr als 1 % pro Monat festgesetzt worden ist.

Da der Kläger von der Verfassungswidrigkeit von § 24 Abs. 1 a SGB IV überzeugt ist, beantragt er ergänzend,

das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu der Frage einzuholen, ob § 24 Abs. 1 a SGB IV in der Fassung vom 26. März 2007 insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG sowie mit Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und 3 GG sowie mit Art. 19 GG in Verbindung mit Art. 1 GG vereinbar ist, als dass § 24 Abs. 1 a SGB IV abweichend von § 24 Abs. 1 SGB IV freiwillig Versicherten, Versicherten nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V) und nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte für Beiträge und Beitragsvorschüsse, mit denen sie länger als einen Monat säumig sind, für jeden angefangenen Monat der Säumnis einen Säumniszuschlag von 5 % des rückständigen, auf 50,00 € nach unten abgerundeten Betrages auferlegt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und nimmt auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide Bezug, an denen sie festhält.

Das Gericht hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 7. Dezember 2010 erörtert. Die Beteiligten haben in dem Erörterungstermin übereinstimmend klar gestellt, dass sich dieses Klageverfahren ausschließlich gegen die Beklagte als Krankenkasse mit Blick auf die Beiträge bzw. Säumniszuschläge zur Krankenversicherung richtet. Soweit sich der Widerspruch vom 4. September 2007 auch gegen die Erhebung der Beiträge bzw. Säumniszuschläge zur Pflegeversicherung richtet, gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass das Widerspruchsverfahren bislang noch nicht abgeschlossenen worden ist. Die Beteiligten haben übereinstimmend das Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil erteilt und die Zulassung der Sprungrevision beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden ist, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG statthafte und auch sonst zulässige Klage war abzuweisen, da sich die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig erweisen und der Kläger durch diese daher nicht in seinen Rechten verletzt wird.

1. Das Gericht folgt für die Erhebung der Beiträge und der Säumniszuschläge dem Grund und der Höhe nach der Begründung in dem Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 136 Abs. 3 SGG). Auch der Kläger gibt insoweit zu, dass die Beklagte auf Grundlage der geltenden Gesetzeslage keine andere Entscheidung treffen konnte und rügt ausschließlich die Verfassungswidrigkeit von § 24 Abs. 1 a SGB IV.

Das Gericht teilt die Bedenken des Klägers gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 24 Abs. 1 a SGB IV ausdrücklich, hält die Norm jedoch letztlich nicht im Sinne von Art. 100 Abs. 1 GG für verfassungswidrig.

§ 24 Abs. 1 a SGB IV ist sowohl m...

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