Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Elterngeldes: Berücksichtigung von Provision beim maßgeblichen Einkommen

 

Orientierungssatz

1. Hat der Berechtigte im Bemessungszeitraum ausschließlich Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit erzielt, so ist das Elterngeld nach § 2c BEEG zu berechnen.

2. Ausgezahlte Provisionen sind nach § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG als laufender Arbeitslohn zu berücksichtigen, wenn sie mehrmals im Jahr für kürzere Zeiträume nach festgelegten Berechnungsstichtagen regelmäßig gezahlt werden (BSG, Urteil vom 26.03.2014, B 10 EG 14/13 R).

3. Nach § 2c Abs. 1 S. 2 BEEG sind alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind, auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln. Für die Qualifizierung als laufender Arbeitslohn ist es unerheblich, dass die Zahlung in der Höhe schwankt.

4. Nach dem Amtsermittlungsgrundsatz kann die Richtigkeitsvermutung der Abrechnung des Arbeitgebers widerlegt werden. Neben dem regelmäßigen monatlichen Grundgehalt sind gezahlte Provisionen der Bemessung des Elterngeldes zugrunde zu legen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.12.2017; Aktenzeichen B 10 EG 4/17 R)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 17.08.2015 sowie des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2015 verurteilt, der Klägerin für den 1. bis 12. Lebensmonat ihres Sohnes Elterngeld in der gesetzlichen Höhe unter Berücksichtigung auch der in den Monaten April 2014, Juli 2014, Oktober 2014 und Januar 2015 gezahlten Quartalsprovisionen zu bewilligen.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht einen höheren als den ihr zuerkannten Anspruch auf Elterngeld geltend. Sie begehrt die ihr seitens ihres Arbeitgebers ausgezahlten Quartalsprovisionen bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen.

Die am 08.05.1986 geborene Klägerin sowie ihr am 01.10.1979 geborener Ehemann sind Eltern des am 10.05.2015 geborenen … . Sie erziehen ihren Sohn im gemeinsamen Haushalt. Vor der Geburt ihres Sohnes ging die Klägerin einer abhängigen Beschäftigung in Vollzeit nach. Die Klägerin bezog Mutterschaftsgeld und einen Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld im Zeitraum vom 25.03. bis 05.07.2015.

Am 28.07.2015 beantragten die Klägerin für den 1. bis 12. Lebensmonat ihres Sohnes und ihr Ehegatte für dessen 13. bis 14. Lebensmonat die Bewilligung von Elterngeld.

Die Klägerin gab an, während des Bezugszeitraums des Elterngeldes voraussichtlich kein Einkommen zu erzielen. Hinsichtlich des Einkommens vor der Geburt ihres Sohnes legte die Klägerin eine Arbeitgeberbescheinigung vor, ausweislich derer sie ausschließlich aus nicht selbstständiger Erwerbstätigkeit im Zeitraum von März 2014 bis Februar 2015 insgesamt 45.983,80 € laufendes steuerpflichtiges Brutto-Einkommen erzielte. Auf Anforderung der Beklagten vom 04.08.2015 legte die Klägerin mit Schreiben vom 10.08.2015 die Entgeltabrechnungen ihres Arbeitgebers für die Kalendermonate April 2014, Juli 2014, Oktober 2014 und Januar 2015 vor, in denen als Einmalzahlungen versteuerte Quartalsprovisionen in Höhe von 1.660 €, 1.859,20 €, 1.759,60 € und 1.530 € zusätzlich zum monatlichen Grundgehalt ausgewiesen waren. Daneben reichte sie eine Bestätigung ihres Arbeitgebers zur Vorlage bei der Elterngeldstelle ein, ausweislich derer es sich bei den in den Monaten April, Juli und Oktober 2014 sowie Januar 2015 quartalsweise ausgezahlten Provisionen um einen vertraglich zugesicherten Gehaltsbestandteil handele.

Durch Bescheid vom 17.08.2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 2. Lebensmonat ihres Sohnes in Höhe von 163,97 € und für den 3. bis 12. Lebensmonat in Höhe von jeweils 1.229,79 €. Wegen der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes stehe der Klägerin im 1. Lebensmonat ihres Sohnes kein Elterngeld zu. Bei der Berechnung des Elterngeldes legte die Beklagte ein Brutto-Einkommen aus nicht selbstständiger Tätigkeit im Bemessungszeitraum in Höhe von insgesamt 39.175,00 € zugrunde. Sie berücksichtigte dabei im März 2014 ein Brutto-Einkommen von 3.150,00 € und für die Monate April 2014 bis Februar 2015 ein monatliches Brutto-Entgelt von jeweils 3.275,00 €. Die Quartalsprovisionen flossen nicht in die Berechnung des Elterngeldes ein.

Hiergegen legte die Klägerin am 04.09.2015 mit der Begründung Widerspruch ein, dass die Quartalsprovisionen als fester, regelmäßiger Gehaltsbestandteil bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen seien. Sie verwies insoweit insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 26.03.2014 (B 10 EG 7/13 R) sowie die Regelung in § 4.1 ihres Arbeitsvertrages, ausweislich derer ihr quartalsweise ein erfolgsabhängiger, variabler Gehaltsbestandteil ausgezahlt werde (Quartalsprovision). Die Quartalsprovisionen seien vor diesem Hintergrund als laufender Arbeitslohn gemäß § 39b Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes anzusehen und nicht als sonstiger Bezug im Sinne des § 39b Abs. 3 des Einkommenst...

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