Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion eines vom Versicherten bei dessen Krankenkasse gestellten Leistungsantrags

 

Orientierungssatz

1. Die Genehmigungsfiktion eines vom Versicherten bei dessen Krankenkasse gestellten Leistungsantrags nach § 13 Abs. 3a S. 1 SGB 5 setzt einen hinreichend bestimmten fiktionsfähigen Antrag voraus.

2. Der Antrag muss eine Leistung betreffen, die der Versicherte für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt. Eine stationäre Magenbypass-Operation gehört zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.

3. Kann die Krankenkasse die dreiwöchige Bescheidungsfrist des § 13 Abs. 3a S. 1 SGB 5 nicht einhalten, so hat die Krankenkasse zur Vermeidung des Eintritts der Genehmigungsfiktion die hinreichenden Gründe mit der geänderten taggenauen Prognose dem Versicherten mitzuteilen.

4. Das Fehlen der taggenauen Prognose bewirkt den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a S. 1 SGB 5.

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 25.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2014 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt der Klägerin eine stationäre Magenbypass-Operation als Sachleistung zu gewähren.

2. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme eines stationären Adipositas-chirurgischen Eingriffs als Sachleistung nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

Die am … 1965 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie beantragte am 08.05.2014 (Eingang bei der Beklagten am 12.05.2014) die Kostenübernahme für eine stationäre laparoskopische Magenbypass-Operation. Dem Antrag beigelegt wurde ein Schreiben der Fachärztin für Chirurgie und Ernährungsmedizin Dr. med. Christine S. vom 06.05.2014. Diese stellte fest, die Klägerin leide an morbider Adipositas Grad III, aufgrund eines Gewichts von 140,1 kg bei einer Körpergröße von 1,70 m. Hierbei würde es sich um einen BMI von 48,4 kg/m². handeln. Zudem bestünde eine Diabetes mellitus Typ II, welche sich auf Grundlage der Adipositas entwickelt hätte. Mit zunehmendem Körpergewicht habe sich ihre Stoffwechselsituation so verschlechtert, dass es nötig sein könnte, dass die Klägerin in Zukunft auch mehr Medikamente bzw. mehr Insulin benötige. Mit der Gabe von zusätzlichem Insulin würde sich allerdings ihr Gewicht weiter nach oben entwickeln. Die Klägerin habe bereits diverse konservative Maßnahmen durchgeführt, welche allerdings nicht zum Erfolg geführt hätten.

Mit Schreiben vom 20.05.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Antrag zur medizinischen Aufklärung dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) weitergeleitet werden soll. Hierfür seien allerdings noch Unterlagen und Angaben der Klägerin erforderlich. Die Beklagte wies in dem Schreiben ebenfalls darauf hin, dass aufgrund der noch benötigten Angaben eine termingerechte Entscheidung innerhalb von drei Wochen aus hinreichendem Grund nicht möglich sei. Angaben, wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei, erfolgten allerdings nicht.

Nachdem die Klägerin die fehlenden Unterlagen der Beklagten zusandte, teilte diese mit Schreiben vom 06.07.2014 mit, dass nunmehr der MDK zur medizinischen Beurteilung beauftragt worden sei. Mit sozialmedizinischem Gutachten vom 17.06.2014 stellte Dr. med. W. fest, die Klägerin sei an einer Adipositas Grad III auf dem Boden einer Essstörung und Depression erkrankt, welche eine Therapie erforderlich machen würde. Die konservativen Maßnahmen seien allerdings nicht ausgeschöpft. Vielmehr habe die Klägerin lediglich dreimal eine Diätberatung wahrgenommen. Ansonsten sei kein strukturiertes Programm innerhalb der letzten zehn Jahre erfolgt. Auch sportliche Aktivitäten seien nicht erfolgt. Daher seien die Leitlinien der Adipositas-Gesellschaft und die vom BSG geforderten Voraussetzungen für eine Magenbypass-Operation nicht erfüllt. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.06.2014 den Antrag der Klägerin auf einen stationären Adipositas-chirurgischen Eingriff im Rahmen einer Sachleistung ab.

Hiergegen richtete sich der am 01.07.2014 eingelegte Widerspruch der Klägerin. In dem sozialmedizinischen Gutachten vom 03.09.2014 hielt Dr. med. E. an der bisherigen Beurteilung des MDK fest, sodass mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2014 die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurückwies. Aufgrund des Fehlens eines sogenannten integrativen Gesamtkonzepts wie z. B. diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie und Psychotherapie könne nicht von einer Ultima Ratio ausgegangen werden. Es müsse erst nachgewiesen werden, dass konservative Therapien im Sinne eines multimodalen Behandlungskonzepts zu keinem nachweisbaren Behandlungserfolg geführt hätten. In Anbetracht dieses Aspekts müsse der Antrag abgelehnt werden.

Mit der am 07.01.2015 vor dem Sozialgericht Mannheim erhobenen Klage hat die Klägerin ergänzend vortragen, ihr ...

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