Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Berücksichtigung von Leibrentenzahlungen als Unterkunftskosten. keine Vergleichbarkeit mit Tilgungsleistungen. keine Vermögensbildung. Berücksichtigung von Nebenkosten im Fälligkeitsmonat. Unzulässigkeit der Aufteilung auf einen längeren Zeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

1. Monatliche Leibrentenzahlungen können im Rahmen des § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 als Unterkunftskosten zu übernehmen sein, wenn der Eigentumsübergang an dem Grundstück bereits erfolgt ist und eine Vermögensbildung bei den Hilfebedürftigen nicht eintritt (entgegen LSG Essen vom 20.2.2008 - L 12 AS 20/07).

2. Kosten für eine Gebäudeversicherung, Schornsteinfeger uä sind bei Eigentümern eines Grundstücks im Rahmen der KdU in voller Höhe in den Monaten als Bedarf anzusetzen, in denen sie anfallen und nicht auf das Jahr gesehen mit einem monatlichen Teilbetrag anzusetzen (vgl BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 44).

 

Tenor

1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft ab dem 01.03.2012 bis zum 31.07.2012, längstens jedoch bis zur Bestands- bzw. Rechtskraft in der Hauptsache, zu gewähren und zwar im März und April ausgehend von einem monatlichen Bedarf für die Kosten der Unterkunft i.H.v. jeweils 440 €, im Mai von 555,15 €, im Juni von 440 € und im Juli von 620,93 €, jeweils abzüglich bereits erbrachter Leistungen.

2. Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu erstatten.

3. Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe ab Antragstellung unter Beiordnung von Rechtsanwältin A , W , gewährt. Ratenzahlung wird nicht angeordnet.

 

Gründe

I.

Gegenstand dieses Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ist die Gewährung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft (KdU).

Der 1955 geborene Antragsteller zu 1) und die 1969 geborene Antragstellerin zu 2) beziehen seit 2005 Arbeitslosengeld II (Alg II) vom Antragsgegner. Sie sind (je zu ½) Eigentümer eines 310 m² großen Grundstücks in W , welches mit einem Haus mit einer Wohnfläche von 85 m² bebaut ist. Dieses Grundstück wurde den Antragstellern aufgrund eines notariellen "Übergabevertrag mit Auflassung" vom 16.06.2003 (Nachtrag vom 20.02.2004) übertragen. Die damalige Eigentümerin (Übergeberin) hatte nach II. des Vertrages sich verpflichtet das Eigentum an dem Grundstück an die Antragsteller zu übertragen. Der Wert wurde zu Kostenzwecken mit 80.000 € angegeben. Nach III. 1. des Vertrages (mit "Gegenleistungen" überschrieben), verpflichteten sich die Antragsteller an die Übergeberin und ihren Ehemann als Gesamtberechtigte eine monatliche Rente i.H.v. 440 € zu zahlen, solange einer von beiden noch lebt. Die Rentenhöhe soll unter gewissen, näher beschriebenen Umständen, dem Verbraucherindexpreis angepasst werden. Zur Sicherung der Zahlungsverpflichtung wurde eine Reallast für die Übergeberin und ihren Ehemann eingetragen. Nach III. 2. des Vertrages ist die Übernehmerin bzw. nach deren Tod ihr Ehemann berechtigt vom Vertrag zurückzutreten, falls die Antragsteller mit der Zahlung von mehr als drei Monatsraten in Verzug geraten sollten. In diesem Fall ist das Grundstück wieder an die Übergeberin bzw. ihren Ehemann zurück zu übertragen. Zur Sicherung wurde eine Rückauflassungsvormerkung eingetragen. Eine Rückzahlung der bereits erbrachten Rentenzahlungen soll nicht stattfinden. Die Antragsteller sind im Grundbuch als Eigentümer eingetragen worden.

Heizmaterial beschaffen sich die Antragsteller selbst. Soweit ersichtlich, hat der Antragsgegner in der Vergangenheit die 440 € monatliche Rente im Rahmen der KdU stets anerkannt.

Am 27.12.2011 stellten die Antragsteller einen Fortzahlungsantrag für die Zeit ab Februar 2012. Einkommen werde keines erzielt. Sie teilten auch mit, der Abgabenbescheid 2012 liege noch nicht vor. Weiter wurden vorgelegt eine Beitragsrechnung der A wonach am 01.07.2011 ein Betrag von 180,93 € fällig wurde, sowie eine Schornsteinfegerrechnung vom 12.08.2011 über 58,30 €.

Mit Bescheid vom 10.01.2012 gewährte der Antragsgegner den Antragstellern vorläufig Alg II i.H.v. 1.184 € (674 € Regelbedarf, 510 € KdU) monatlich für den Zeitraum Februar bis Juli 2012. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass die Nebenkosten vorläufig auf monatlich 75 € reduziert würden. Diese seien vollständig nachzuweisen, sobald die Abrechnungen aller Versorger vorliegen. Außerdem solle die aktuelle monatliche Schuldzinsbelastung nachgewiesen werden.

Am 23.01.2012 legten die Antragsteller den Abgabenbescheid der Verbandsgemeinde W vor. Danach haben die Antragsteller am 15.02.2012 einen Betrag von 190,35 €, am 15.05.2012 einen Betrag von 115,15 €, am 15.08.2012 einen Betrag von 220,15 € und am 15.11.2012 einen Betrag von 115,21 € zu zahlen (Grundsteuer, Schmutzwasser, wiederkehrender Beitrag, Wasser, Müll). Am 06.02.2012 legten die Antragsteller schließlich einen Kontoauszug vor, aus dem hervorgeht, dass am 0...

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