Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Hilfsmittel (hier: Hörgerät). Festbetrag. Versorgung ohne Eigenbeteiligung

 

Orientierungssatz

Mit der Zahlung des Festbetrages erfüllt die Krankenkasse grundsätzlich ihre Leistungspflicht. Die gilt jedoch nur dann, wenn die Hilfsmittel (hier: Hörgeräte), die für den festgesetzten Festbetrag bezogen werden können, ausreichend sind, um einen Ausgleich der konkreten Hörschädigung im notwendigen Maße zu erreichen (vgl LSG Celle vom 15.6.2005 - L 4 KR 147/03 = NZS 2006, 204). Ist eine bestimmte Hörhilfe notwendig, so hat die Krankenkasse dieses Gerät im Rahmen des Sachleistungsprinzips in vollem Umfang und ohne Eigenleistung der Versicherten zu gewähren (vgl LSG Celle aaO und BVerfG vom 17.12.2002 - 1 BvL 28/95 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2).

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01. Juni 2005 wird geändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin den Restbetrag der Kosten für die Versorgung mit zwei Hörgeräten der Marke Senso Typ Diva SD-19 Poti in Höhe von 1.880,00 € zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, über die Festbetragsregelung hinaus Kosten der Hörgeräteversorgung der Klägerin zu übernehmen.

Die am ...1993 geborene Klägerin ist bei der Beklagten familienversichert. Sie leidet an einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits. Es besteht eine angeborene Innenohrschwerhörigkeit mit Sprachentwicklungsstörungen. Die Klägerin ist als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 90 anerkannt.

Seit Schulantritt wird die Klägerin von der staatlichen Internatsschule für Hörgeschädigte, Abt. für integrative Beschulung, in S. betreut. Sie besucht seit August 2004 als weiterführende Schule eine Gesamtschule.

Am 10. Dezember 2003 stellt der Hals-Nasen-Ohrenarzt, Herr M., eine Verordnung über eine neue Hörhilfe aus. Am 08. Januar 2004 erstellte der Hörgeräteakustiker einen Kostenvoranschlag für die Versorgung mit zwei Hörgeräten Senso Typ Diva SD-19 Poti zu einem Preis von je 2.320,00 €. Am 22. März 2004 erstellte er eine Dokumentation zur Hörgeräteanpassung, danach war nach dem Mainzer Kindertest III mit den Hörgeräten ohne Geräusch ein Hörgewinn von 100 %, mit Geräusch ein Gewinn von 80 % zu erreichen.

Mit Bescheid vom 13. Mai 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Hörgeräteversorgung einen Betrag in Höhe von 2.760,00 €.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie die Zahlung des Restbetrages der Kosten für die Beschaffung der Hörgeräte in Höhe von insgesamt 1.880,00 € geltend machte. Zur Begründung führte er insbesondere aus:

Für den Besuch der weiterführenden Schule sei ein besseres Hörgerät erforderlich als zuvor benutzt. Mit den Geräten der Marke Senso Typ Diva SD-19 Poti werde eine Sprachverständigkeit von nahezu 100 % erreicht. Auch der Störschall werde durch diese Geräte im Wesentlichen ausgeschlossen. Zur Stützung seines Vorbringens reichte die Klägerin eine ärztliche Bescheinigung des behandelnden HNO-Arztes M. (24. Januar 2005) sowie ein Schreiben der staatlichen Internatsschule für Hörgeschädigte (15. Dezember 2004) ein.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Hörgeräteakustikers (03. März 2005) ein. Mit Bescheid vom 01. Juni 2005 wies sie den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 13. Mai 2004 zurück und führte zur Begründung insbesondere aus:

Die Klägerin habe lediglich einen Anspruch auf Erstattung des Festbetrages für die Hörgeräteversorgung. Die Spitzenverbände der Krankenkassen hätten mit Beschluss vom 06. März 1989 entschieden, dass Hörhilfen als festbetragsfähige Hilfsmittel einzustufen seien. Kindern und Jugendlichen werde bei der Versorgung mit Hörgeräten besonders Rechnung getragen. Sie, die Beklagte, habe mit der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker über die Hörgeräteversorgung für Kinder und Jugendliche vertragliche Höchstpreise vereinbart. Entsprechend dieser vertraglichen Vereinbarung werde die beidohrige Versorgung mit Hörgeräten in Höhe von 1.940,00 € und einer Servicepauschale in Höhe von 820,00 € vergütet. Die Akustiker hätten sich vertraglich verpflichtet, im Rahmen der Anpassung zwei zuzahlungsfreie Versorgungsvorschläge mit Hörgeräten, die dem aktuellen technischen Standard entsprechen, zu unterbreiten. Wähle der Versicherte eine andere Hörhilfe, könnten die Hörgeräteakustiker dieses Gerät einschließlich Zubehör abgeben und vom Versicherten die Mehrkosten fordern. Der von der Klägerin in Anspruch genommene Hörgeräteakustiker habe unter anderem auch zwei zuzahlungsfreie Geräte (Maxx Power und Oticon Sumo XP) getestet und angepasst. Die Klägerin habe sich für das Gerät der Marke Senso Typ Diva SD-19 Poti entschieden. Die daraus resultierenden Mehrkosten könnten nach den gesetzlichen und vertraglichen Regelungen nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Der bewilligte Höchstpreis in H...

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