Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.12.2014; Aktenzeichen B 8 SO 19/13 R)

 

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Kosten für die stationäre Betreuung des Herrn C. vom 25.03.2010 bis 28.02.2011 in Höhe von 14.211,29 € zu erstatten.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Klägers zu tragen.

Der Streitwert wird auf 14.211,29 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten Kostenerstattung nach § 106 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der 1986 geborene Leistungsempfänger C. (C.) wurde am 25.03.2010 stationär im B Haus in B-Stadt, einer Facheinrichtung für Wohnungslose, aufgenommen. Dieser hatte zuvor bis 20.03.2010 bei seinen Eltern in C-Stadt in Rheinland-Pfalz gelebt. Die elterliche Wohnung verlies C. nach einem Streit mit der Mutter am 20.03.2010 und meldete sich auf Anraten des zuständigen SGB-II-Trägers ab dem 21.03.2010 dort ab, um als Wohnungsloser Tagessatzleistungen zu erhalten. C. übernachtete dann bis zum 22.03.2010 bei einem Bekannten in D-Stadt (ebenfalls Rheinland-Pfalz) und konnte dann vom 22.03. bis 24.03.2010 in der Herberge des B-Hauses in B-Stadt übernachten, bevor am 25.03.2010 die stationäre Aufnahme erfolgte. Hierfür hatte C. einen Antrag zur Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den Bestimmungen des §§ 67 ff. SGB XII beim Deligationsnehmer, dem Landkreis Limburg-Weilburg, gestellt. Die Leistungsgewährung erfolgte letztendlich durch den Deligationsgeber (den Kläger) im Rahmen einer vorläufigen Hilfegewährung im Sinne von § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII. Als leistungsverpflichtet sah man seitens des Deligationsnehmers den Rhein-Lahn-Kreis bzw. den Beklagten an, in dessen Zuständigkeitsbereich C. bis 20.03.2010 gewohnt hatte. Die vom Deligationsnehmer beantragte Kostenerstattung wurde vom Beklagten mit Schreiben vom 07.12.2010 abgelehnt.

Mit der am 24.06.2011 beim Sozialgericht Kassel eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Erstattung der vom 25.03.2010 bis 28.02.2011 anlässlich der stationären Unterbringung des C. entstandenen Kosten in Höhe von 14.211,29 €.

Dazu macht der Kläger geltend, gem. § 2 AG SGB XII Rheinland-Pfalz sei der Beklagte der richtige Klagegegner. Die Hilfe für C. sei gem. § 67 SGB XII notwendig gewesen. Dies sei letztendlich zwischen den Beteiligten nicht streitig. Jedenfalls sei der Rhein-Lahn-Kreis bzw. der Beklagte zuständiger Träger für diese Leistungen, da C. seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in die stationäre Einrichtung in C-Stadt in Rheinland-Pfalz gehabt habe. Aus § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII ergebe sich, dass für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig sei, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt (gA) im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung gehabt hätten, oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hätten. Die Rechtsprechung verstehe unter dem gewöhnlichen Aufenthalt das tatsächliche länger dauernde und nicht nur zufällige Verweilen in einem bestimmten Ort oder Gebiet. Für den gewöhnlichen Aufenthalt sei das Kriterium einer längeren Dauer ausschlaggebend (Lilge, Sozialgesetzbuch - Bd. I, § 30 Rdnr. 57f.). Vor der Aufnahme in die stationäre Einrichtung nach § 67 SGB XII in B-Stadt am 25.03.2010 sei der gewöhnliche Aufenthalt des C. eindeutig im Bundesland Rheinland-Pfalz bei seinen Eltern in C-Stadt gewesen. Er habe im Zeitraum vom 22.03. bis zum 24.03.2010 definitiv keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in Hessen begründet, sondern habe in dieser Zeit lediglich in der Herberge der Einrichtung verweilt, um sich Gedanken über seine Zukunft zu machen und für sich selbst zu klären, ob er das stationäre Angebot der Einrichtung annehmen wolle. Darüber hinaus habe auch nicht sofort ein stationärer Platz in der Einrichtung für C. zur Verfügung gestanden. Der Leistungsberechtigte C. habe selbst erklärt, dass er keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt bis zur Aufnahme in der stationären Einrichtung begründet habe. Gegen einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt spreche auch die kurze Verweildauer in der Herberge von drei Tagen. Der Beklagte sei zuständig für die Maßnahme nach § 67 SGB XII, da er zuständiger örtlicher Träger sei. Dem Landkreis Limburg-Weilburg als Deligationsnehmer bzw. dem Kläger als Deligationsgeber und Kostenträger dieser Maßnahme stehe der Erstattungsanspruch aus § 106 Abs. 1 SGB XII gegen den Beklagten zu. Der Beklagte stelle darauf ab, dass ein gA vor Aufnahme in die Einrichtung in der Herberge begründet worden sei, in der C. unterbracht gewesen sei, weil kein stationärer Platz zu einem festen Datum angeboten werden konnte. Richtig sei, dass in einer Herberge ein gA begründet werden könne, weil diese nicht vom Schutz des Anstaltsortes umfasst werde. § 109 SGB XII komme dort nicht zur Anwendung. Allerdings müssten dabei auch immer die Umstände der Aufnahme betrachtet werden und aufgrund dieser Umstände der Wille des Gesetzgebers, den Schutz des Anstaltsortes für die anschließende stationäre Aufnahme zu...

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