Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt

Der Antragsgegner hat den Antragstellerinnen die Hälfte ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Die 1974 geborene Antragstellerin zu 1) steht mit ihren beiden Kindern, den Antragstellerinnen zu 2) (geb. 2006) und zu 3) (geb. 2011), im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II.

Der Antragsgegner gewährte den Antragstellerinnen zuletzt mit Bescheid vom 09.03.2021 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 20.04.2021, 17.06.2021 und 01.09.2021 Leistungen für die Zeit vom 01.04.2021 bis 31.03.2022 (April 2021: 2.071,18 Euro, Mai 2021 bis Januar 2022: 1.096,96 Euro monatlich, Februar bis März 2022: 765,97 Euro monatlich).

Am 30.08.2021 teilte die Antragstellerin zu 1) dem Antragsgegner mit, dass sie am 28.08.2021 geheiratet habe.

Mit Schreiben vom 01.09.2021 wurde die Antragstellerin zu 1) unter Fristsetzung bis 17.09.2021 aufgefordert mitzuteilen, ob und wenn ja, seit wann sie mit ihrem Ehemann zusammenwohne und eine Meldebescheinigung vorzulegen. Des Weiteren wurde die Antragsteller aufgefordert folgende Unterlagen vorzulegen: beigefügte Anlagen WEP, EK, VM (vollständig von ihrem Ehemann auszufüllen), entsprechende Nachweise, gemäß gemachten Angaben in den Anlagen, Kontoauszüge aller vorhandener Konten ihres Ehemannes in Kopie (letzte 3 Monate). Habe sie bis zum genannten Termin nicht reagiert oder die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht, könnten die Geldleistungen ganz entzogen werden, bis sie die Mitwirkung nachhole (§§ 60, 66, 67 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I)). Dies bedeute, dass sie keine Leistungen erhalten.

Mit einem weiteren Schreiben vom 01.09.2021 wurde die Antragstellerin zu 1) darauf hingewiesen, dass die Zahlungen vorsorglich ab 01.10.2021 eingestellt würden. Sie habe geheiratet. Ihr Leistungsanspruch sei daher neu zu berechnen bzw. die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen.

Mit Schreiben vom 03.09.2021 teilte die Antragstellerin zu 1) dem Antragsgegner mit, dass ihr Ehemann eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von 862,91 Euro monatlich beziehe und unterhaltspflichtig für zwei Kinder (Zwillinge) im Alter von acht Jahren und ein weiteres Kind im Alter von elf Jahren sei. Weiter sei bei ihm ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt und er leide an einer kostenintensiven chronischen Schmerzerkrankung.

Mit Schreiben vom 07.09.2021 wurde der Antragstellerin zu 1) mitgeteilt, dass für die Prüfung eines Leistungsanspruches weiterhin die mit Schreiben vom 01.09.2021 geforderten Unterlagen inklusive Rentenbescheid ihres Ehemannes und Nachweis Unterhaltspflicht benötigt würden.

Mit E-Mail vom 15.09.2021 wies der Ehemann der Antragstellerin zu 1) den Antragsgegner auf das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23.02.2016 (S 22 AS 1015/14) hin und bat die Berechnung für seine Ehefrau zeitnah durchzuführen, da sie ihre Mitwirkungspflicht zu 100% erfüllt habe.

Mit Schreiben vom 17.09.2021 erklärte die Antragstellerin zu 1), dass die von ihr erforderlichen Unterlagen bereits vorliegen würde. Lediglich der Familienstand habe sich geändert. Ihr Ehemann berufe sich auf das Urteil des Sozialgerichts Gießen.

Mit Schreiben vom 07.10.2021 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1) mit, dass die mit Schreiben vom 03.09.2021 und 21.09.2021 gemachten Angaben über Ihren Ehemann nicht ausreichen würden, um über ihren Leistungsanspruch entscheiden zu können. Sie haben mitgeteilt, dass Sie aufgrund des Urteils S 22 AS 1015/14 des Sozialgerichtes Gießen nicht verpflichtet sind, die von mir geforderten Unterlagen einzureichen. Bei dem Sachverhalt im Urteil handelt es sich jedoch nicht um eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 SGB II, sondern um zwei Personen die zusammengezogen waren und angegeben hatten, keine Bedarfsgemeinschaft zu bilden. Durch Ihre Heirat bilde sie jedoch gemäß § 7 Absatz 3 Nr. 3 a SGB II eine Bedarfsgemeinschaft. Im Rahmen der Hilfebedürftigkeitsprüfung sind nach § 9 Absatz 2 SGB II auch das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Ihr Ehemann zähle zur Bedarfsgemeinschaft, auch wenn nach § 8 SGB II ein Ausschlussgrund wegen fehlender Erwerbsfähigkeit vorliege. Er wird bei der Leistungsberechnung berücksichtigt und es sei daher zu prüfen, über welche Einkommens- bzw. Vermögensverhältnisse er verfüge. Die Antragstellerin wurde unter Verweis auf § 60 SGB I gebeten, die übersandten Vordrucke auszufüllen und mit entsprechenden Nachweisen bis 15.10.2021 einzureichen. Das Schreiben enthielt einen Hinweis, dass die Leistungen ganz entzogen werden könnten, wenn sie bis zu dem genannten Termin nicht reagiere oder die Unterlagen nicht einreiche.

In der Akte des Antragsgegners findet sich ein Vermerk vom 15.10.2021, wonach der Ehemann der Antragstellerin zu 1) bei einem Telefonat, in dem er mitgeteilt...

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