Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Rundungen bei der Leistungsberechnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Rundung nach § 41 Abs 2 SGB 2 sind nicht einzelne Berechnungselemente zu runden, sondern nur der endgültige Zahlbetrag.

2. Kosten der Unterkunft sind getrennt von Regelleistungen, Mehrbedarf nach § 21 SGB 2 und Zuschlag nach § 24 SGB 2 zu runden.

3. Mehrbedarfe sind nur ein Berechnungselement für den Gesamtbedarf und deshalb nicht gesondert zu runden.

4. Der Zuschlag nach § 24 SGB 2 ist zunächst mit Regelleistung und Mehrbedarfen zu addieren und der Gesamtbetrag ist anschließend zu runden.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen

 

Tatbestand

Die Klägerin beanstandet die Berechnung ihrer Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Die im Jahre 1956 geborene Klägerin und ihre im Jahre 1990 geborene Tochter bezogen in der Vergangenheit Leistungen des Jobcenters der Stadt Karlsruhe und seit 1.1.2007 von der Beklagten und dem Landkreis Karlsruhe.

Am 1.6.2007 beantragte die Klägerin die Fortzahlung ihrer Leistungen ab 1.7.2007 und gab an, dass sie Unterhaltszahlungen in Höhe von 169,50 € und Kindergeld in Höhe von 154 € für ihre Tochter bezog. Die Klägerin hatte außerdem einen Job bei B., in dem sie zuletzt 164,80 € monatlich verdiente.

Mit Bescheid vom 11.6.2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen in Höhe von insgesamt je 376,89 € für die Monate Juli und August 2007 und 370,36 € für September 2007. Im Juli und August war ein Zuschlag wegen Vorbezugs von Arbeitslosengeld I in Höhe von 28 €, im September 2007 von 21,47 € enthalten.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 11.6.2007, zu dessen Begründung sie vortrug, dass sie nicht nachvollziehen könne, warum im September um 6,50 € geringere Leistungen bewilligt worden seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.6.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Klägervertreter am 2.7.2007 zugestellt.

Dagegen richtet sich die am 1.8.2007 erhobene Klage.

Mit Bescheid vom 10.7.2007 hat die Beklagte die Leistungsbewilligung für September 2007 geändert und der Klägerin für September 2007 insgesamt Leistungen in Höhe von 370,49 € bewilligt. Mit weiterem Bescheid vom 21.8.2007 hat die Beklagte der Klägerin für September 2007 Leistungen in Höhe von 372,50 € bewilligt.

Zur Begründung ihrer Klage meint die Klägerin, dass die Beklagte die Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) nicht richtig angewandt habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 11.6.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.6.2007 und der Änderungsbescheide vom 10.7.2007 und 21.8.2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, höhere Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtenen Bescheide.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Prozessakte sowie die die Klägerin betreffende Leistungsakte der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht kann gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben.

Gegenstand des Rechtsstreits ist allein die Höhe der im September 2007 zu gewährenden Leistung zur Grundsicherung für Arbeitssuchende. Allein über diesen Monat hat die Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid entschieden und die Klägerin hat allein gegen die Berechnung ihrer Leistungen für diesen Monat Widerspruch eingelegt. Sie hat in ihrem Widerspruchsschreiben ausgeführt: “Es ist nicht nachvollziehbar, warum im September 2007 geringere Leistungen bewilligt wurden„. Aus dem Wortlaut dieses Schreibens ergibt sich - wie die Beklagte zu Recht angenommen hat - eindeutig, dass die Klägerin sich allein gegen die Leistungsbewilligung für September 2007 wenden wollte. Der Bescheid vom 11.6.2007 ist im Übrigen bestandskräftig geworden.

Die Bescheide vom 10.7.2007 und vom 21.8.2007 sind Gegenstand des Rechtsstreits geworden, sofern sie eine Entscheidung über die Höhe der der Klägerin im September 2007 zu gewährenden Leistungen treffen, denn diese Bescheide ersetzen den angefochtenen Bescheid vom 11.6.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids im Sinne des § 96 SGG.

Die ursprünglich wohl mangels Klagebefugnis unzulässige Klage ist durch den Änderungsbescheid vom 21.8.2007 zulässig geworden. Es bestanden zunächst Zweifel an der Zulässigkeit der Klage, denn dem Gericht war eine Klagebefugnis nicht erkennbar. Die Klägerin wandte sich gegen die Anwendung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II. Bei Anwendung dieser Vorschrift wird jedoch bis zu e...

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