Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 22b Abs 1 und 3 FRG. Anwendbarkeit bei Zusammentreffen eigener Rente mit Hinterbliebenenrente. Spätaussiedler. Fremdrentenrecht. Entgeltpunktebegrenzung

 

Orientierungssatz

Verfassungskonform ist § 22b Abs 3 FRG dahingehend auszulegen, dass bei Hinterbliebenen, deren eigene Versichertenrente ebenso wie ihre Hinterbliebenenrente unter Begrenzung auf jeweils 25 Entgeltpunkte nach dem FRG (§ 22b Abs 1 S 1) festgestellt worden sind, insgesamt höchstens 40 Entgeltpunkte zu Grunde gelegt werden. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung der Abs 1 und 2 ergebenden Entgeltpunkte zueinander stehen, höchstens jedoch 25 Entgeltpunkte für je eine der beiden Renten (§ 22b Abs 3 FRG entsprechend).

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 01.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2002 wird aufgehoben. Die  Beklagte wird verpflichtet, die Hinterbliebenenrente der Klägerin aus der Versicherung des unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für die Zeit ab 10.06.2002 neu zu berechnen und an die Klägerin zu zahlen.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 3/5.

 

Tatbestand

Im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) begehrt die Klägerin die Gewährung einer großen Witwenrente neben ihrer eigenen Rente ohne eine Begrenzung auf insgesamt 25 persönliche Entgeltpunkte nach dem Fremdrentengesetz (§ 22b FRG).

Die 1931 geborene Klägerin war mit X. verheiratet, der 1968 verstarb. Am 04.01.1997 zog die Klägerin aus der Russischen Föderation nach Deutschland zu. Von der Beklagten bezieht sie Regelaltersrente. Außerdem bewilligte die Beklagte ihr auf ihren Antrag vom 29.01.1997 mit Bescheid vom 02.10.1997 große Witwenrente in Höhe von monatlich 329,66 DM. Mit Bescheid vom 04.12.1997 bestätigte die Beklagte der Klägerin deren zuvor ausgesprochenen Verzicht auf die Hinterbliebenenrente. Die Rentenzahlung werde zum Ende Dezember 1997 eingestellt. Die ohne Rechtsgrundlage gezahlten Beträge vom 04.01.1997 bis 31.12.1997 in Höhe von insgesamt 3.909,61 DM seien zu erstatten und würden mit der Nachzahlung aus der Versichertenrente der Klägerin verrechnet. Hintergrund für den erklärten Verzicht war, dass die Klägerin sich durch die Regelaltersrente insgesamt bei Verzicht auf die Hinterbliebenenrente finanziell besser stellte.

Am 10.06.2002 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.08.2001 - Az. B 4 RA 118/00 R - die unverzügliche Neuberechnung und Zahlung der Hinterbliebenenrente ohne Anwendung des § 22b FRG.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.08.2002 ab. Die Überprüfung des Rentenbescheides vom 02.10.1997 habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Rente sei in zutreffender Höhe festgestellt worden. Die Auffassung des Bundessozialgerichts, dass § 22b Abs. 1 FRG nach seinem Wortlaut und seiner Regelungsabsicht auf eine neben einer Versichertenrente zustehende Hinterbliebenenrente nicht anwendbar und eine Begrenzung beider Renten auf zusammen 25 Entgeltpunkte nicht zulässig sei, halte sie nicht für zutreffend. Die in der Vorschrift genannten Begriffe würden im Rentenrecht sowohl bei Versicherten- wie auch bei Hinterbliebenenrenten verwandt, so dass die Anwendung der Vorschrift auf Hinterbliebenenrenten nach ihrem Wortlaut keineswegs ausgeschlossen sei. Gleiches gelte für die Regelungsabsicht. Mit § 22b FRG sei eine Vorschrift eingeführt worden, die den FRG-Anteil einer Rente am Bedarf orientiere. Dieser Bedarf werde nur durch die Anzahl der Personen bestimmt, nicht aber durch die Anzahl der Rentenansprüche. Insbesondere die Verteilungsregelung im § 22b Abs. 1 Satz 3 FRG, die allein für die Fälle des Zusammentreffens von Versicherten- und Hinterbliebenenrente von Bedeutung sei, mache deutlich, dass eine Begrenzung beider Renten zusammen auf 25 Entgeltpunkte gewollt sei. Darüber hinaus seien die Ausführungen des Bundessozialgerichts, dass es keine Anwendung des § 22b FRG bedürfe, weil die Hinterbliebenenrenten ohnehin direkt von den Versichertenrenten abgeleitet würden, im vorliegenden Fall auch deshalb nicht zutreffend, weil die Klägerin nur einen eigenständigen Hinterbliebenenrentenanspruch aufgrund ihrer eigenen Spätaussiedlereigenschaft besitze. Ihr verstorbener Ehepartner habe keine FRG-Rentenansprüche besessen, so dass sich nach den allgemeinen Grundsätzen überhaupt keine Hinterbliebenenrente ableiten ließe.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2002 zurück. Ergänzend zur Begründung des ablehnenden Bescheides wies die Beklagte noch darauf hin, die Begrenzung der Rentenansprüche und Anwartschaften durch § 22b FRG sei im Zusammenhang mit den allgemeinen Zielen des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes zu sehen. Danach sollten insbes...

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