Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Zuschuss zum Beitrag für eine private Krankenversicherung ab 1.1.2009. Ausschluss von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. analoge Anwendung des § 26 Abs 2 S 1 Nr 2 Halbs 1 SGB 2. Übernahme des halbierten Beitrages im Basistarif in voller Höhe. keine ergänzende Sozialhilfe. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Bezieher von Arbeitslosengeld II, der wegen § 5 Abs 5a SGB 5 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt, sondern im sog Basistarif bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist, hat gegenüber dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende einen Anspruch auf Übernahme seines gesamten Krankenversicherungsbeitrags, wenn er diesen mangels Einkommens nicht absetzen kann und der Beitrag bereits nach § 12 Abs 1c S 4 VAG um die Hälfte vermindert ist; sein Anspruch ist dann nicht auf den in § 12 Abs 1c S 6 Halbs 2 VAG genannten Betrag begrenzt.

 

Orientierungssatz

Ansprüche gegenüber dem Sozialhilfeträger nach § 32 Abs 5 SGB 12 oder § 73 SGB 12 bestehen nicht.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 9.4.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.5.2009 verpflichtet, den Bescheid vom 29.1.2009 zu ändern und dem Kläger einen weiteren Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag für die Zeit vom 20. - 31.1.2009 in Höhe von 56,94 € und für die Zeit vom 1.2. - 30.6.2009 in Höhe von monatlich 155,28 € zu gewähren.

2. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe eines Zuschusses zum Beitrag für eine private Krankenversicherung.

Der am … 1952 geborene Kläger war seit dem 1.3.2008 bei der S. Krankenversicherung a. G. zum sog. Basistarif privat krankenversichert. Sein (wegen Hilfebedürftigkeit verminderter) Beitrag betrug seit dem 1.1.2009 monatlich 284,82 €.

Auf Antrag des Klägers vom 20.1.2009 bewilligte ihm die Beklagte mit - bestandskräftigem - Bescheid vom 29.1.2009 für die Zeit vom 20.1. - 30.6.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II sowie Zuschüsse zu den Beiträgen für eine private Kranken- und Pflegeversicherung; den Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag setzte sie für die Zeit vom 20. - 31.1.2009 auf 51,82 € und für die Zeit vom 1.2. - 30.6.2009 auf monatlich 129,54 € fest.

Am 7.4.2009 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheids. Der Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag müsse erhöht werden, so der Kläger. Denn er zahle einen monatlichen Beitrag in Höhe von 284,82 €; hiervon habe die Beklagte nur einen Teil übernommen.

Mit Bescheid vom 9.4.2009 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Zur Begründung gab sie an, ein höherer Zuschuss sei nicht möglich. Der Beitrag nach dem halben Basistarif in der privaten Krankenversicherung übersteige regelmäßig den gesetzlichen Zuschuss. Den Differenzbetrag könne der Hilfebedürftige gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a SGB II vom Einkommen absetzen. Verfüge er über kein Einkommen, könne allerdings eine Deckungslücke entstehen. Für den Ausgleich dieser Lücke durch die Grundsicherungsträger bestehe indes keine rechtliche Grundlage.

Hiergegen legte der Kläger am 21.4.2009 Widerspruch ein. Er machte geltend, zwischen dem von ihm geschuldeten Krankenversicherungsbeitrag und dem Zuschuss der Beklagten bestehe eine Differenz in Höhe von 155,28 €. Müsste er diese Unterdeckung durch Rückgriff auf die bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 351 € ausgleichen, blieben ihm für den Lebensunterhalt nur noch monatlich 195,72 €. Die Grundsicherung wäre damit nicht mehr gewährleistet. Er könne sich nicht vorstellen, dass der Gesetzgeber dieses Ergebnis gewollt habe. Eine Alternative zur privaten Krankenversicherung bestehe für ihn nicht. Denn eine Rückkehr in eine gesetzliche Krankenversicherung sei ihm nicht möglich. Er benötige im Übrigen zwingend Medikamente, die nicht billig seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8.5.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II gälten für Bezieher von Arbeitslosengeld II, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind und die für den Fall der Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, die Regelungen des § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 VAG. Nach dem hier einschlägigen § 12 Abs. 1c Satz 6 VAG zahle der zuständige Träger nur den Betrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist. Dies seien gemäß § 232a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 246 SGB V monatlich 129,54 €. Für einen höheren Zuschuss zum Ausgleich der Deckungslücke bestehe keine gesetzliche Grundlage.

Mit der am 12.5.2009 erhobenen Klage verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter. Er trägt ergänzend vor, mittlerweile habe ihm die S. Krankenversicherung a. G. das Ruhen seines Krankenversicherungsschutzes angedroht, sofern er ...

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