Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.05.2017; Aktenzeichen B 12 KR 9/16 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für 15 Taxifahrer bzw. Taxifahrerinnen, welche in der Zeit von 1999 bis Juli 2004 in seinem Taxenbetrieb sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sind.

Der 1961 in der R. geborene, jetzt staatenlose Kläger war seit 1994 selbständiger Taxiunternehmer in H ... Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Steuerhinterziehung befand sich der Kläger vom 29.07.2004 bis 03.03.2005 in Untersuchungshaft, worauf der Taxenbetrieb eingestellt wurde. Das Landgericht Hamburg verurteilte den Kläger am 03.03.2005 rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung in 27 Fällen wegen unrichtiger Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen der Jahre 2000 bis 2001 sowie versuchter Steuerhinterziehung wegen unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen der Jahre 2002 bis 2003 zu einer Gesamtfreiheitstrafe von 2 Jahren auf Bewährung sowie zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen à 5,- Euro (vgl. Urteil Landgericht (LG) Hamburg vom 03.03.2005 Az.: 620 KLs 13/04/5100Js 142/03). Nach den Feststellungen des LG Hamburg verfügte der Kläger in den Jahren 1999 bis 2002 über 43 bis zuletzt 146 Taxenkonzessionen (Fahrzeuge). Daneben betrieb er eine eigene Autowerkstatt mit 2 Mitarbeitern (1999/2000) bzw. 3 Mitarbeitern (2001) bzw. 4 Mitarbeitern (2002) bzw. 5 Mitarbeitern (2003), in welcher die vom Kläger betriebenen Taxen repariert und gewartet wurden. Zur Erleichterung der Abrechnung mit seinen Taxifahrern vereinbarte der Kläger zumindest seit Beginn 1999, möglicherweise auch schon früher, mit etwa 95 v.H. seiner Fahrer das sog. "Mietmodell", wonach diese ihm für die Überlassung eines Taxis DM 80,- pro Tag bzw. ab 2002 Euro 40,- pro Tag zahlten. Im Gegenzug konnten die Fahrer die von ihnen erzielten Einnahmen behalten, mussten aber für die Tankkosten selbst aufkommen, während der Kläger die Wartung und Reparaturen in seiner Werkstatt auf eigene Kosten erledigte. Die Abrechnung mit den Fahrern erfolgte einmal wöchentlich, in der Regel am Montag. Die Fahrer des sog. "Mietmodells" wurden bei dem Kläger als abhängig Beschäftigte mit einem festen Arbeitslohn geführt und die auf den Lohn berechneten Sozialversicherungsbeiträge (Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge) an die jeweiligen Krankenkassen abgeführt. Der Kläger ließ sich jedoch von den Fahrern die lt. Verdienstabrechnung zu zahlenden Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung wieder erstatten. Soweit die Fahrer nicht nur geringfügig beschäftigt gewesen sind, wurde auch die Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt sowie sämtliche Abgaben einschließlich der Tankbelege der Fahrer, welche der Kläger sich wieder aushändigen ließ, auch buchhalterisch als Betriebsausgaben gebucht. Ein geringer Teil, ca. 5 v.H. der bei dem Kläger beschäftigten Fahrer, welche das "Mietmodell" abgelehnt hatten, fuhren bei dem Kläger auf Provisionsbasis. Nach dieser Vereinbarung durften die Fahrer 50 v.H. ihrer Einnahmen behalten, während der Rest an den Kläger abzuliefern war.

Am 8.11.2005 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Erstattung der geleisteten Gesamtsozialversicherungsbeiträge, welchen er nach Aufforderung durch die Beklagte am 23.03.2006 für 15 namentlich genannte Mitglieder der Beklagten für den Zeitraum von 1999 bis Juli 2004 hinsichtlich des Zeitraumes der Beschäftigung sowie hinsichtlich der gezahlten Arbeitsentgelte und Beitragszahlungen konkretisierte. Für die namentlich aufgeführten Mitarbeiter des Klägers waren, mit Ausnahme für den vom Kläger benannten G., im Zeitraum vom 1.1.1998 bis 14.07.2004 mit Unterbrechungen Meldungen als geringfügig Beschäftigte bzw. Meldungen zur Sozialversicherung erfolgt und Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung entrichtet worden. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.06.2006 lehnte die Beklagte die Anträge auf Beitragserstattung ab, weil nach den vorgenommenen Meldungen eindeutig Versicherungspflicht vorgelegen habe und eine Umstellung der Versicherungsverhältnisse nicht mehr in Betracht komme. Darüber hinaus seien die Beiträge bereits teilweise bzw. vollständig verjährt; in diesen Fällen sei der jeweilige Träger für die Erstattung der Beiträge selbst zuständig und nicht die Einzugsstelle. Dagegen erhob der Kläger am 29.06.2006 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.09.2006 als unbegründet zurückwies. Den Feststellungen des LG Hamburg zur versicherungsrechtlichen Beurteilung der bei dem Kläger beschäftigten Taxifahrer komme keine bindende Wirkung zu. Die betriebsinterne Abmachung, wonach den Fahrern die Taxen gegen eine Gebühr von DM 80,- bzw. Euro 40,- pro Tag überlassen worden und die entrichteten Gesamtsozialversicherungsbeiträge von den Fahrern erstattet worden seien, bewirke keine Selbständigkeit. Eine selbständige Tätigkeit als ...

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