Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung des § 33 Abs. 2 SGB V, nach der Anspruch auf Sehhilfen für volljährige Versicherte nur dann besteht, wenn sie auf Grund ihrer Sehschwäche oder Blindheit, entsprechend der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung, auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 aufweisen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Leistungspflicht der Beklagten für eine Sehhilfe.

Der am ...1969 geborene Kläger, der bei der Beklagten krankenversichert ist, erhielt am 21. Oktober 2008 von seinem behandelnden Augenarzt Dr. S. eine Verordnung für eine Sehhilfe. Aus der Verordnung ergab sich, dass es sich um eine Versorgung infolge des Zerbrechens der vorhandenen Brille bei einer Änderung um mindestens 0,5 Dioptrien (auf -8,25 bzw. -10,7 Dioptrien) handelte. Eine Sehbehinderung mindestens nach Stufe 1 der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Klassifikation liegt bei dem Kläger nicht vor.

Am 24. Oktober 2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Beklagten. Ob diesem unmittelbar eine mündliche Ablehnung folgte, ist zwischen den Beteiligten ungeklärt. Mit Auftrag vom 25. Oktober 2008 beschaffte sich der Kläger selbst eine Brille. Der Rechnungsbetrag beträgt 773 € (299 € je Brillenglas, 175 € Brillenfassung).

Mit schriftlichem Bescheid vom 30.10.2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab mit der Begründung, es liege kein Ausnahmefall vor, in dem eine Kostenübernahme für eine Sehhilfe möglich sei. Mit seinem Widerspruch vom 1. Dezember 2008 trug der Kläger vor, eine Brille sei für ihn zwingend erforderlich, die WHO-Klassifizierung sei widersinnig, er sei ohne Brille nicht in der Lage, auch nur ansatzweise an einem geordneten Leben teilzunehmen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Gemäß §§ 12, 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit §§ 12 bis 17 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (HilfsM-RL) sei eine Sehhilfe zur Verbesserung der Sehschärfe verordnungsfähig bei Versicherten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und bei Versicherten, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, wenn sie aufgrund ihrer Sehschwäche oder Blindheit, entsprechend der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung, auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 aufwiesen. Diese liege vor, wenn die Sehschärfe (Visus) bei bestmöglicher Korrektur mit einer Brillen- oder möglichen Kontaktlinsenversorgung auf dem besseren Auge maximal 0,3 betrage oder das beidäugige Gesichtsfeld maximal 10 Grad bei zentraler Fixationsei. Eine therapeutische Sehhilfe sei verordnungsfähig, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen diene. Bei dem Kläger lägen nach der Verordnung weder die Voraussetzungen für die Versorgung mit Sehhilfen zur Verbesserung der Sehschärfe im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung noch die Voraussetzungen für die Versorgung mit einer therapeutischen Sehhilfe vor.

Mit seiner am 31. Juli 2009 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Übernahme wenigstens eines Zuschusses von 50 € durch die Beklagte. Es könne nicht darauf ankommen, ob mit der Korrektur eine Restsehschwäche verbleibe, wenn ohne die Korrektur ein geordnetes, menschenwürdiges Leben nicht möglich sei. Führe eine Korrektur zu einer sehr guten Sehschärfe, so sei sie medizinisch doch erst recht sinnvoll und angezeigt. Die Vorschrift des § 33 SGB V sei in dieser Form verfassungswidrig, da nicht nachvollziehbar sei, warum bei Sehhilfen derartig verfahren werde, bei anderen Hilfsmitteln jedoch nicht. Auch die Unterscheidung zwischen Personen bis 18 Jahren und solchen, die älter seien, sei willkürlich.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 30.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.07.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Zuzahlung von 50,00 € für die am 08.11.2008 selbst beschaffte Brille zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Bezüglich des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die den Streitgegenstand betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, welche dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 30.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.7.2009 ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung bzw. Zuzahlung zu der am 8.11.2008 selbst b...

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