Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.02.2017; Aktenzeichen B 11 AL 4/16 R)

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 3. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2012 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 18. Juni 2012 Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger die ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Arbeitslosengeld.

Der Kläger meldete sich am 18. Juni 2012 arbeitsuchend und mit Wirkung zum 18. Juni 2012 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

Er war seit dem 2. November 2011 arbeitsunfähig krankgeschrieben bis zum 17. Juni 2012. Er hatte zuvor von 1981 bis 31. Januar 2010 bei D. gearbeitet, war vom 1. Februar 2010 bis 1. Mai 2011 arbeitsunfähig gewesen und hatte vom 2. Mai 2011 bis 9. Dezember 2011 an einem Quit-Lehrgang beim Bildungswerk in D-Stadt teilgenommen. Der Kläger war privat krankenversichert und erhielt ab dem 11. März 2010 Krankentagegeld, da sein Vertrag die Zahlung von Krankentagegeld ab dem 43. Kalendertag einer Krankmeldung vorsah. Er war erkrankt wegen einer depressiven Episode. Das Bildungswerk bescheinigte, dass der Kläger Übergangsgeld wegen einer Maßnahme zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erhalten habe.

Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 3. August 2012 ab und verwies darauf, dass der Kläger in den letzten zwei Jahren vor dem 18. Juni 2012 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen sei.

Der Kläger legte am 10. August 2012 Widerspruch ein, der am 17. Oktober 2012 zurückgewiesen wurde. Die Widerspruchsbegründung war nicht zur Akte der Beklagten gelangt.

Der Kläger hat 6. November 2012 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben.

Der Kläger ist der Ansicht, dass ein Beratungsfehler der Beklagten vorliege, da er mehrfach der Beklagten mitgeteilt habe, dass er erst ab dem 43. Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Krankentagegeld habe. Die Beklagte habe ihm nicht mitgeteilt, dass ein Verlust der Anwartschaft drohe. Hätte sie ihn dahingehend beraten, hätte er entsprechende Maßnahmen ergreifen können.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 3. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 18. Juni 2012 Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die Begründung im Widerspruchsbescheid.

Es wird zum weiteren Sach- und Streitstand auf die Gerichtsakte und die Leistungsakte des Klägers bei der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 3. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2012 war aufzuheben, da er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.

Der Kläger hat ab 18. Juni 2012 Anspruch auf die Gewährung von Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang.

Nach § 136 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld

1. bei Arbeitslosigkeit oder

2. bei beruflicher Weiterbildung.

§ 137 Abs. 1 SGB III bestimmt, dass Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer

1. arbeitslos ist,

2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und

3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

Arbeitslos ist nach § 138 SGB III, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und

1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),

2. sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und

3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Eine ehrenamtliche Betätigung schließt Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung der oder des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird. Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet. Im Rahmen der Eigenbemühungen hat die oder der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere

1. die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung,

2. die Mitwirkung bei der Vermittlung durch Dritte und

3. die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit.

Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer

1. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf,

2....

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