Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Einkommenseinsatz. Honorare aus einer Tätigkeit als Dozent an einer Volkshochschule

 

Orientierungssatz

Die Lehrtätigkeit an einer Volkshochschule ist eine nach § 3 Nr 26 EStG privilegierte mildtätige oder gemeinnützige Tätigkeit und damit auch nach dieser Vorschrift steuerfrei.

 

Tenor

1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ab 29.06.2016 bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache längstens jedoch bis zum Ende des laufenden Bewilligungsabschnittes Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlichem Umfang ohne Berücksichtigung sonstiger Erwerbseinkünfte VHS A/Stadt/VHS Wetzlar zu zahlen.

2. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Der zulässige Antrag hat Erfolg.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Das setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden, § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO.

Dem Antragsteller steht im streitgegenständlichen Zeitraum zweifelsfrei ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII - Kapitel 4 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - zu, da er nicht dazu in der Lage ist, sein Lebensunterhalt in vollem Umfang aus eigenen Kräften und Mitteln oder seinem eigenen Vermögen und Einkommen zu bestreiten. Die Bedürftigkeit des Antragstellers ergibt sich ohne weiteres aus den vorliegenden Leistungsanträgen sowie den Bewilligungsbescheiden des Antragsgegners und wird von dem Antragsgegner nicht in Abrede gestellt. Damit wurde seitens des Antragstellers sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung glaubhaft gemacht.

Zwischen den Beteiligten steht vorliegend allein im Streit, ob als sonstige Erwerbseinkünfte die bei der VHS Wetzlar und der VHS A-Stadt erzielten Honorarzahlungen als sonstige Erwerbseinkünfte nach § 82 SGB XII in Ansatz gebracht werden dürfen. Als Einkommen (§ 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) des Antragstellers ist nach Aktenlage sein Altersruhegeld zu berücksichtigen. Die von dem Antragsgegner angesetzten Erwerbseinkünfte bei der VHS Wetzlar/VHS A-Stadt in Höhe von 95,25 € bzw. 99,36 € sind hingegen bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen. § 3 Nr. 26 EStG legt folgendes fest: Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, oder eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke, §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) bis zur Höhe von insgesamt 2.400,00 € im Jahr sind steuerfrei.

Zu den begünstigten Tätigkeiten gehört danach die Entwicklung geistiger und leiblicher Fähigkeiten anderer Menschen durch Ausbildung vorhandener Anlagen; gleichgestellt ist, den die Leitung von Übungen in denen Menschen ihre Fähigkeiten selbst entwickeln oder erproben. Was zu den ebenfalls begünstigten vergleichbaren Tätigkeiten gehört und ob insbesondere eine auf Erhaltung von Leben, Gesundheit oder Wohlbefinden gerichtete betreuende Tätigkeit in die Vergünstigung einzubeziehen ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Begünstigt ist in jedem Fall eine unterrichtende Tätigkeit, die, selbstständig ausgeübt zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG führt. Die Betätigung des Antragstellers ist als unterrichtende Tätigkeit im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Der Antragsteller hat sich als Dozent der Volkshochschule durch eigenen Vortrag am Unterricht beteiligt. Dies ist als Kernelement für eine unterrichtende Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG kennzeichnend. Sie setzt eine Beziehung zwischen dem Unterrichtendem und dem zu Unterrichtendem voraus, die von der Persönlichkeit des Unterrichtenden geprägt wird. Dazu genügt im Falle eines Schulleiters - worum es sich bei dem Antragssteller nicht handelt -, dass er eigenständig in den Unterricht anderer Lehrkräfte eingreift, in dem er die Unterrichtsveranstaltungen mitgestaltet und ihnen damit den Stempel seiner Persönlichkeit gibt. Wenn dies nach der Rechtsprechung des BFH (BFHE 11, 105) für den Dienstposten eines Schulleiters ...

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