Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Rentner. Wohnstaat Deutschland. Rentenbezug aus der Schweiz und von der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5

 

Orientierungssatz

In Deutschland wohnende Rentner, die gleichzeitig aus der Schweiz und von einer deutschen gesetzlichen Rentenversicherung Renten beziehen und die die Voraussetzungen der deutschen Krankenversicherung der Rentner nicht erfüllen, unterliegen in Anwendung der Regelung des § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung als anderweitig nicht Versicherte. Etwas anderes gilt nur, wenn ein Schweizer Krankenversicherungsträger bei Eintritt der Versicherungspflicht nach § 186 Abs 11 SGB 5 bereits eine Krankenversicherung durchführt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.03.2013; Aktenzeichen B 12 KR 8/10 R)

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 10.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.11.2008 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit 01.04.2007 bei der Beklagten pflichtversichert ist.

2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

3. Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung ihrer Pflichtversicherung bei der beklagten Krankenkasse.

Die im Jahre 1937 geborene Klägerin war bis 1979 bei der Beklagten familienversichert. Danach arbeitete ihr 1982 verstorbener Mann in der Schweiz. Die dortigen Beiträge zur Krankenversicherung zahlte er nach im Jahr 1992 gemachten Angaben der Klägerin gegenüber dem Kreissozialamt W... nicht, so dass dort eine Versicherung nicht zustande kam bzw. beendet wurde. Eine eigene Krankenversicherung hatte die Klägerin danach nicht mehr. Sie bemühte sich auch zunächst nicht um Krankenversicherungsschutz in der Schweiz.

Die Klägerin bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg in Höhe von zuletzt 276,66 € sowie eine Witwenrente nach ihrem 1982 verstorbenen Ehemann von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg in Höhe von zuletzt 332,05 € monatlich. Ein Schweizer Rentenversicherungsträger gewährt ihr eine Witwenrente in Höhe von zuletzt 390 CHF (rund 234 €). Die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung in der deutschen Krankenversicherung der Rentner erfüllt die Klägerin im Hinblick auf die geforderten Vorversicherungszeiten nicht.

Seit spätestens 1992 gewährte das Kreissozialamt W..., später das Kreissozialamt ... der Klägerin Krankenhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bzw. dem Fünften Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII). Laufende Hilfe zum Lebensunterhalt erhielt und erhält sie nicht.

Am 24.5.2007 beantragte die Klägerin nach entsprechender Aufforderung durch das Kreissozialamt L... die Feststellung ihrer Versicherungspflicht in der Krankenversicherung bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 10.7.2007 lehnte die Beklagte die Feststellung unter Hinweis auf eine vorrangige Versicherung in der Schweiz ab. Die Klägerin möge sich an die Schweizer Versicherung wenden. Dagegen wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 7.9.2007 und Antrag auf Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist. Letzteren Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.10.2007 ab.

Am 2.10.2007 stellte die Klägerin beim Sozialgericht Freiburg einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die Beklagte mit dem Antrag ihre Versicherungspflicht bei der Beklagten festzustellen (S 11 KR 5142/07 ER). Dazu legte sie einen Bescheid der Öffentlichen Krankenkasse Schweiz (ÖKK) vom 25.9.2007 vor, die eine Versicherung der Klägerin wegen der vorrangigen Versicherung in Deutschland ablehnte. Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nahm die Klägerin in der Folge zurück.

Am 29.10.2007 beantragte sie die Überprüfung des Bescheids vom 10.7.2007 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bei der Beklagten.

Am 26.11.2007 beantragte die Klägerin erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Feststellung ihrer Versicherungspflicht in der beklagten Krankenkasse (S 11 KR6103/07 ER). Mit Beschluss vom 12.12.2007 verurteilte das Gericht die Beklagte vorläufig Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Die Klägerin sei nach summarischer Prüfung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine Versicherung in der Schweiz bestehe jedenfalls nach der Verordnung des Rates der Europäischen Gemeinschaften Nr. 1408/71 (EWGV 1408/71) nicht. Die Beklagte stellte der Klägerin darauf hin eine vorläufige Versichertenkarte aus, die sie zur Inanspruchnahme von Leistungen berechtigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig und den Überprüfungsantrag als unbegründet zurück. Aufgrund der Entscheidung des Sozialgerichts Freiburg im einstweiligen Rechtsschutz werde der Widerspruch der Klägerin trotz der Fristversäumnis noch einmal einer Gesamtbetrachtung unterzogen und dem Widerspruchsausschuss der Beklagten vorge...

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