Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.07.2012; Aktenzeichen B 1 KR 6/11 R)

BSG (Beschluss vom 08.11.2011; Aktenzeichen B 1 KR 6/11 R)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine ambulante transarterielle Chemoperfusion.

Der Kläger ist der Ehemann und Rechtsnachfolger der 1927 geborenen und 2008 verstorbenen Dr. X. C. (im Folgenden: Versicherte). Die Versicherte war als Bezieherin einer Regelaltersrente der Deutschen Rentenversicherung Bund bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Sie litt an einem hepatisch, pulmonal und lymphatisch metastasierten Darmkrebs (Sigmakarzinom). Im Juli 2003 erfolgte die Operation der Primärerkrankung, eine adjuvante Chemotherapie wurde wegen Nebenwirkungen von der Versicherten abgebrochen. Im September 2004 kam es zu einem Rezidiv mit Lebermetastasen. Die daraufhin aufgenommene Chemotherapie mit dem FOLFOX-4 Protokoll wurde bei Verdacht auf Oxaliplatin-Allergie abgebrochen. Nachdem bei Kontrolluntersuchungen im Mai und Juni 2005 ein hepatischer und lymphatischer Progress der Erkrankung festgestellt worden war, leitete das Krankenhaus UU. in A-Stadt am Main am 16. Juni 2005 eine Chemotherapie mit CPT-11 (Irinotecan) plus 5- Fluorouracil und Calciumfolinat ein, die jedoch nicht mehr durchgeführt wurde. Der Grund hierfür wird von dem Krankenhaus und der Versicherten unterschiedlich angegeben.

Der Hausarzt der Versicherten, Dr. L, stellte am 17. Juni 2005 einen Überweisungsschein zur Chemoembolisation in der Universitätsklinik A-Stadt aus. Dort wurde die Versicherte nach einer Untersuchung am 17. Juni 2005 im Zentrum der Radiologie - Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie - von Prof. Dr. V aufgrund privatärztlicher Behandlungsverträge am 21. Juni 2005, 18. Juli 2005, 24. August 2005 und 13. September 2005 mit transarterieller Chemoperfusion sowie nach Angaben von Prof. V mit anschließender Laserinduzierte Thermotherapie (LITT) ambulant behandelt. Die transarterielle Chemoperfusion ist eine lokale Chemotherapie, bei der mittels Angiographie größere Organabschnitte über die versorgenden Arterien dargestellt mit einem konzentrierten Medikament über 30 bis 60 Minuten durchflutet werden. Die Kosten der Behandlung wurden der Versicherten privat in Rechnung gestellt und von ihr bezahlt.

Prof. Dr. V ist von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zur Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auf Überweisung durch Vertragsärzte, eingeschränkt auf Patienten mit nachgewiesenen Metastasen oder anderen malignen Tumoren der Leber und thorakalen raumfordernden Prozessen der Lunge sowie histologisch/zytologisch gesicherten malignen Tumoren im Gesichts- und Halsbereich ermächtigt.

Die von der Versicherten am 20. Juni 2005 beantragte Kostenübernahme lehnte die Beklagte mit Bescheid (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) vom 23. August 2005 mit der Begründung ab, dass Prof. Dr. V kein Vertragsarzt sei.

Auf den Widerspruch der Versicherten vom 1. September 2005 hob die Beklagte mit Bescheid vom 22. September 2005 ihren Bescheid vom 23. August 2005 auf und lehnte eine Kostenerstattung, auch für die am 18. Juli 2005, 24. August 2005 und 13. September 2005 durchgeführten Chemoperfusionen, erneut ab. Die Chemoperfusion sei keine vertragliche Leistung und könne somit nur privat abgerechnet werden. Hierüber sei die Versicherte von Prof. Dr. V aufgeklärt worden und habe entsprechende Wahlerklärungen unterschrieben.

Hiergegen legte die Versicherte am 17. Oktober 2005 Widerspruch ein und machte geltend, ihr Hausarzt habe sie am 17. Juni 2005 an das Universitätsklinikum A-Stadt zur Chemoembolisation überwiesen. Prof. Dr. V rechne grundsätzlich nur mit den Patienten direkt ab. Bei der durchgeführten Behandlung handele es sich um keine Wahlleistung. Prof. Dr. V entscheide nach dem gesundheitlichen Status des Patienten, ob eine Chemoembolisation oder eine Chemoperfusion durchgeführt wird. Dabei handele es sich nur um einen behandlungstechnischen Unterschied.

Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK) vom 3. November 2005 sowie eine Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 16. Dezember 2005 ein. Der MDK gelangte zu der Beurteilung, dass die Chemoembolisation eine Kassenleistung sei, während es sich bei der Chemoperfusion um eine experimentelle Behandlung handele. Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen teilte mit, dass Prof. Dr. V im Rahmen seines Ermächtigungskataloges die Chemoembolisation nach der Gebührenordnungsnummer 34286 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) 2000 plus zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen könne. Dagegen sei die Chemoperfusionsbehandlung nach den Leitlinien der Tumorbehandlung nicht als etablierte Behandlung angesehen.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Versicherten mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2006 zurück. Zur Begründung ihrer E...

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