Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Bereicherungsrecht. freiwillige Versicherung. Zahlungsverzug des Mitglieds. Kostenübernahme durch Sozialhilfeträger. kein Erstattungsanspruch gegen Krankenkasse

 

Leitsatz (amtlich)

Hat ein Sozialhilfeträger Beiträge auf eine vermeintlich (fort)bestehende freiwillige Mitgliedschaft eines Versicherten und Sozialhilfeempfängers (zur Abwendung der Beendigung dieser Mitgliedschaft wegen Zahlungsverzugs) geleistet, kann er diese Leistung auch dann nicht zurückfordern, wenn die Mitgliedschaft des Versicherten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestand, wenn er nicht vor der Leistung eine Willenseinigung mit der Krankenkasse hinsichtlich des Zwecks dieser Leistung erzielt hatte.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Beiträgen.

Die Versicherte der Beklagten, K. C., war bis 15.05.2004 bei der Beklagten versichert (freiwillige Mitgliedschaft). Die Versicherung wurde wegen Nichtzahlung der Beiträge zum 15.05.2004 beendet (vgl. Bl. 4, 6 Verwaltungsakte der Beklagten).

Mit Schreiben vom 16.07.2004 (Bl. 3 Verwaltungsakte der Beklagten) erklärte sich die Klägerin gegenüber der Beklagten bereit, für Frau C., die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) erhielt, die rückständigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab dem 15.05.2005 [sic! Gemeint ist aber der 15.05.2004, Anm. d. Verf.] und die laufenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab dem 01.07.2004 zu übernehmen. Diese Zusage gelte, solange die sozialhilferechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung vorlägen.

In der Kostenübernahmeerklärung teilte die Klägerin zudem mit, dass sie die Überweisung des Krankenversicherungsbeitrages für den Zeitraum vom 15.05. bis 31.07.2004 auf das Konto der Beklagten veranlasst habe.

Unter dem 21.09.2004 (Bl. 7 Verwaltungsakte der Beklagten) wandte sich die Klägerin an die Beklagte und forderte die Erstattung der vom 15.5.2004 bis 31.08.2004 erfolgten Beitragszahlung, weil die Beklagte Frau C. rückwirkend nicht freiwillig weiterversichert habe, die von der Klägerin überwiesenen Krankenversicherungsbeiträge jedoch nicht wieder zurück überwiesen habe. Es handele sich um einen Gesamtbetrag von 475,65 Euro.

Mit Schreiben vom 30.09.2004 (Bl. 12 Verwaltungsakte der Beklagten) lehnte die Beklagte die Beitragserstattung ab. Hierbei berief sie sich auf § 814 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Klägerin sei als Sozialhilfeträger nicht zur Beitragszahlung verpflichtet gewesen. Die Beklagte habe sich auch nicht ungerechtfertigt bereichert, da ihr gegenüber keine Doppelzahlung der Beiträge erfolgt sei. Ein Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sei grundsätzlich nur für erbrachte Leistungen möglich. Die Klägerin habe die Möglichkeit, die aus ihrer Sicht zuviel gezahlten Beiträge per Aufrechnung von der Versicherten direkt zu fordern.

Im Schreiben vom 16.11.2004 (Bl. 14 Verwaltungsakte der Beklagten) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie § 814 BGB nicht für anwendbar halte. Im Verhältnis von Sozialleistungsträgern untereinander gälten zunächst einmal nicht in erster Linie die Regeln des BGB, sondern öffentlich-rechtliche Vorschriften, die die Leistungsbeziehungen der Träger untereinander regelten. Rechtsgrundlage der Zahlungen der Klägerin an die Beklagte sei nicht etwa eine gewollte und in Kenntnis einer Nichtschuld vorgenommene Erfüllung einer Verbindlichkeit der Klägerin, sondern Rechtsgrundlage der Leistung sei zunächst einmal die Kostenzusage gemäß § 34 SGB X zum Zwecke der Aufrechterhaltung eines Krankenversicherungsverhältnisses gewesen. Nachdem dieser Zweck infolge Ablehnung der Beklagten nicht mehr zu erreichen gewesen sei, sei die Kostenzusicherung als Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen der gewährten Krankenversicherungsbeiträge entfallen. Die Beklagte als Zahlungsempfängerin habe die Zweckverfehlung verursacht. Da öffentlich-rechtliche Regelungen einen unmittelbaren Rückforderungsanspruch des Beitragszahlers nicht begründen könnten, müsse auf das bürgerlich-rechtliche Bereicherungsrecht rekurriert werden. Die Anwendung des § 814 BGB komme jedoch nicht in Betracht, wenn der mit der Leistung bezweckte Erfolg, wie vorliegend, nicht eingetreten sei. In diesem Fall gelte nämlich die Grundsatzregelung in § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB i. V. m. § 815 BGB. Danach könne der Leistende nur dann überzahlte Beiträge nicht zurückfordern, wenn der Leistende selbst den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verhindert habe. Es sei aber vorliegend davon auszugehen, dass nicht die Klägerin, sondern die Beklagte den Eintritt des Erfolges, die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes, vereitelt habe. Die Beklagte sei daher auch zur Rückerstattung der rechtsgrundlos erfolgten Beitragszahlungen nach der bereicherungsrechtlichen Grundsatzregel verpflichtet.

Die Beklag...

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