Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit der Klage bei missbräuchlicher Rechtsverfolgung

 

Orientierungssatz

1. Eine Klage ist u. a. unzulässig, wenn die Benennung einer ladungsfähigen Anschrift des Beklagten fehlt. Die Angabe einer Postfachadresse oder die Angabe "postlagernd" genügt insoweit nicht.

2. Eine Klage ist auch dann unzulässig, wenn sie sich als rechtsmissbräuchlich darstellt. Wird nach dem Klagevortrag dem angerufenen Gericht die Befugnis abgesprochen, rechtsprechende Gewalt auszuüben, so ist nicht ersichtlich, aus welchem nachvollziehbaren Grund mit der Klage Rechtschutz vor einem Gericht erlangt werden soll.

3. Ein Rechtschutzinteresse entfällt, wenn das Klageziel nicht erreichbar ist. Ein Anspruch auf Bescheidung eines Antrags besteht in Fällen missbräuchlicher Rechtsverfolgung nicht.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klage betrifft die Zahlung von Unterhalt nach Kap. II Art. 7 der Haager Landkriegsordnung (HLKO).

Die am 24.08.2015 bei Gericht eingegangene, unter Angabe des Namens "N T." und Verwendung des Titels "Prof. Dr.-Ing. Architekt" erhobene Klage richtet sich gegen ein "Landesamt für Soziales, Jugend und Familie, (auch Versorgungsamt genannt)". Behauptet wird, der Kläger habe am 31.12.2009 beim Sozialamt der Stadt Xl einen Antrag auf Zahlung von Unterhalt nach der HLKO gestellt und nachgehend erfolglos eine Frist gesetzt.

Zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs wird vorgetragen, das deutsche Reich sei mit der militärischen Kapitulation 1945 nicht untergegangen und bestehe fort. Die Bundesrepublik Deutschland sei lediglich ein Verwaltungskonstrukt der Besatzungsmächte. In Deutschland bestehe daher ein Besatzungszustand. Einen Friedensvertrag gebe es nicht und da Deutschland besetztes Gebiet sei, sei die HLKO in vollem Umfang aktiv. Das Verwaltungskonstrukt "Bundesrepublik in Deutschland" sei der direkt vor Ort befindliche Teil der Besatzungsmacht, von dem der Kläger sich distanziert habe. Der Anspruch auf Unterhalt nach der HLKO habe nichts mit den üblichen Leistungen der BRD und dem SGB zu tun, sondern sei vorrangig zu behandeln und nicht mit den Gesetzen der BRD verhandelbar. Der Kläger sei Kriegsgefangener im Sinne der HLKO und der Unterhalt nach der Besoldungsstufe B 11 zu bemessen.

Schriftsätzlich wird beantragt,

festzustellen, dass auf Grundlage der folgenden Erklärungen, sowie unter Einbeziehung des Bundesversorgungsgesetzes § 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 a-d, jedoch insbesondere 2 b, ein Unterhaltsanspruch vorrangig nach HLKO besteht, und die Zahlung anzuordnen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage zurück zu weisen.

Die Beklagte macht geltend, ein Antrag auf Gewährung von Leistungen vom 31.12.2009 sowie eine Erinnerung lägen nicht vor. Hinsichtlich der beantragten Leistung gehe die Beklagte davon aus, dass der Kläger kein "Kriegsgefangener" auf dem Boden Deutschlands im Sinne der Haager Landkriegsordnung sei.

Die an die allein angegebene Postfachadresse übermittelte prozessuale Korrespondenz (Klageeingangsbestätigung, Schriftsätze des Beklagte) sowie die Mitteilung zum anberaumten Verhandlungstermin hat der Kläger jeweils an das Gericht zurückgeschickt, versehen mit Bemerkungen unter anderem dahin, dass sein Postfach unter dem Schutz der Genfer Konvention stehe und das Einwerfen dem Personal der BRD verboten sei, sowie dass nicht erkennbar sei, dass das deutsche Reich dem Gericht eine Betriebserlaubnis erteilt habe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer hat die Streitsache verhandeln und entscheiden können, obwohl im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.03.2016 niemand für die Beteiligten erschienen ist, weil diese mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Verhandlung und Entscheidung der Streitsache auch in ihrer Abwesenheit vom Termin benachrichtigt worden sind. Dass die Terminmitteilung dem Kläger nicht an eine ladungsfähige Anschrift übermittelt werden konnte, ist unschädlich, weil dieser die Mitteilung geöffnet an das Gericht zurückgeschickt hat und sie ihm daher erwiesenermaßen zur Kenntnis gelangt ist.

Das Gericht geht zugunsten des Klägers davon aus, dass sich die Klage gegen die als Vertreter der Beklagten bezeichnete Stadt Xl handelt. Denn ein "Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (auch Versorgungsamt genannt)" existiert im Bundesland Nordrhein-Westfalen nicht und auch Versorgungsämter gibt es in Nordrhein-Westfalen seit 2008 nicht mehr.

Die Klage ist abzuweisen, da diese in mehrfacher Hinsicht unzulässig ist.

Die Unzulässigkeit der Klage folgt bereits daraus, dass keine ladungsfähige Anschrift angegeben wird. Zu den zwingenden Bestandteilen einer wirksamen Klageerhebung bei Gericht gehört nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Benennung einer ladungsfähigen Anschrift; die Angabe einer Postfachadresse oder die Angabe "postlagernd" genügen insoweit nicht (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen...

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