Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Gitarrenlehrer an einer privaten Musikschule. Honorarvertrag. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Gitarrenlehrer ist an einer privaten Musikschule selbständig und damit sozialversicherungsfrei tätig, wenn er hinsichtlich der Unterrichtsinhalte und der Unterrichtszeiten keinen Weisungen der Musikschule unterliegt sowie nicht verpflichtet ist, Nebenarbeiten zu verrichten oder an sonstigen Schulveranstaltungen mitzuwirken.

 

Tenor

Der Bescheid vom 22.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2013 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen als Musiklehrer an der Musikschule H in der Zeit vom 01.01.2013 bis zum 30.09.2013 nicht versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, der seine Kosten selbst trägt.

Der Streitwert wird auf 5000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) darüber, ob die Tätigkeit des Beigeladenen als Gitarrenlehrer an der privaten Musikschule H in M Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung begründet.

Inhaber der Musikschule H war bis zum 31.12.2012 Herr H (H1) H und vom 01.01.2013 bis zum 30.09.2013 der Kläger. Seit dem  01.10.2013 wird die Musikschule in Form einer GbR unter der Bezeichnung N & T N T weitergeführt. Gesellschafter der GbR sind der Kläger und Herr T T. Der am XX.XX.XXXX geborene Beigeladene unterrichtet an der Musikschule seit Oktober 2005 die Fächer Gitarre und E-Gitarre. Daneben war er als Musiklehrer an der Musikschule C1 in T und an der städtischen Musikschule N tätig.

Der Lehrtätigkeit des Beigeladenen für die Musikschule H lag ein Honorarvertrag zu Grunde, unterzeichnet von dem Beigeladenen am 01.10.2005 bzw. von Herrn H1 H am 21.03.2007, und zwar mit folgenden Regelungen:

§ 1  Der Vertrag beginnt am 01.10.2005 für die Fächer Gitarre/E-Gitarre und wird auf unbestimmte Dauer geschlossen.

§ 2 Die Lehrkraft ist freier Mitarbeiter. Durch die Tätigkeit wird kein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis begründet. Eventuelle Krankenkassenbeiträge für eine freiwillige Versicherung oder Ähnliches führt die Lehrkraft selbst ab. Für die Besteuerung ist die selbst verantwortlich.

§ 3 Der Umfang der Beschäftigung ist variabel. Für die Lehrkraft gelten die Unterrichtsbedingungen der Schule.

§ 4 Der Unterricht findet wöchentlich und in den Räumen der Musikschule H statt. An gesetzlichen Feiertagen und während der Schulferien in NRW findet kein Unterricht statt.

§ 5 Die Lehrkraft ist in der Gestaltung ihres Unterrichts vollkommen frei.

§ 6 Das Honorar wird in 12 gleichen Teilbeträgen von dem freien Mitarbeiter monatlich nachträglich in Rechnung gestellt. Es beträgt 12 € pro Stunde (60 Min.). Dies gilt nur für Schüler, die einen Unterrichtsvertrag abgeschlossen haben. Probemonat und Kurse werden nur nach tatsächlichen Stunden abgerechnet und nicht dadurch bezahlt. Bei der Zugrundelegung des Honorars wird davon ausgegangen, dass der Mitarbeiter gemäß § 4 Nr. 21 UStG oder als Kleinunternehmer Umsatzsteuer befreit ist. Auch sofern dies nicht zutreffen sollte, sind jedoch etwaige Umsatzsteuerbeträge im Honorar bereits enthalten.

§ 7 Die Lehrkraft verpflichtet sich, keine Schüler der Musikschule H abzuwerben und privat oder in anderen Musikschulen zu unterrichten oder an Dritte zu vermitteln. Außerdem darf sie keine organisatorische, technische und wirtschaftliche Angelegenheit der Schule Dritten. mitteilen. Auch nicht nach dem Ausscheiden.

§ 8 Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages sowie Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden.

§ 9 Dieser Honorarvertrag kann unter Einhaltung einer 6-wöchigen Kündigungsfrist zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden.

§ 10 Dieser Vertrag ist zweifach ausgefertigt; jeder Vertragspartner erhält eine Ausfertigung.

Des Weiteren wurden von Herrn H “Richtlinien für Kolleginnen und Kollegen der Musik und Kunstschule H„ (Richtlinien) verfasst, und zwar mit folgendem Inhalt:

1. Ziele und Philosophie

Die Basis für einen erfolgreichen Unterricht ist eine gute Atmosphäre in unserer Schule. Dazu kommt die Vermittlung von fundierten, musikalischen Fähigkeiten. Das verlangt vom Kollegium ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Zuwendung zum Schüler. Unsere Schule soll sich von anderen Schulen unterscheiden. Deshalb sollte sich jede Lehrkraft damit einverstanden erklären, gleiche Tätigkeiten im Raum M bzw. im Umkreis von 20 km nicht nachzugehen. Das Ansehen unserer Schule entsteht aus der Summe der Qualitäten jedes einzelnen Mitarbeiters. Alles zusammen stellt sich ein unverwechselbares Merkmal unserer Schule dar, welches über Schüle...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge