Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialversicherung. Abgabepflicht. Beauftragung von aktiven Sportlern zu Werbezwecken. Trainer. Markenbotschafter. Beurteilung der Künstlereigenschaft. Maßgeblichkeit der beruflichen Tätigkeit. Einbeziehung aller gezahlten Entgelt in die Künstlersozialabgabepflicht bei fehlender Teilbarkeit. Befugnis des Rentenversicherungsträgers zur Abänderung und Aufhebung bereits erlassener Bescheide der Künstlersozialversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung besteht keine Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung bei Beauftragung von aktiven Sportlern zu Werbezwecken. Ein Trainer ist kein Sportler in diesem Sinne. Jedoch ist auf ihn diese Rechtsprechung zu übertragen, sodass sich eine Tätigkeit als Markenbotschafter als Annex seiner Trainer-Tätigkeit erweist. Bei einer Trainertätigkeit steht ebenfalls der Wettbewerbsgedanke im Vordergrund.

2. Es kann auf die Frage, ob ein Werbeträger durch einen Schauspieler ersetzt werden kann, nicht ankommen. Diese Abgrenzung ist konturenlos. Es ist vielmehr zur Beurteilung der Abgabenpflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz alleine auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen.

3. Zur Bestimmung des Begriffes „Künstler“ im § 25 Abs 1 S 1 KSVG ist darauf abzustellen, welche berufliche Tätigkeit die jeweilige Person ausübt. Eine Tätigkeit als Künstler ist jedenfalls gegeben, wenn diese hauptberuflich einen künstlerischen Beruf ausüben.

4. Bei fehlender Teilbarkeit sind alle gezahlten Entgelte in die Abgabenpflicht zur Künstlersozialversicherung einzubeziehen.

5. Im Rahmen einer Betriebsprüfung hinsichtlich der Abgabenpflicht zur Künstlersozialversicherung ist der prüfende Träger der Rentenversicherung berechtigt, bereits erlassene Bescheide der Künstlersozialversicherung abzuändern und aufzuheben.

 

Tenor

Der Bescheid vom 20.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2017 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 22.03.2019 wird insoweit abgeändert, soweit die in diesen Bescheiden festgesetzte Künstlersozialabgabe über einen Betrag i. H. v. 94.801,50 € hinausgeht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat 72 % und die Klägerin 28 % der Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung in den Jahren 2011 bis 2015. Die Klägerin war ein bekanntes Automobilunternehmen mit Sitz in A-Stadt.

Die Künstlersozialkasse stellte die Höhe der Künstlersozialabgabe mit Bescheid vom 29.03.2012 für das Jahr 2011 i. H. v. 23.052,67 €, mit Bescheid vom 18.03.2013 für das Jahr 2012 i. H. v. 28.665,51 €, mit Bescheid vom 25.03.2014 für das Jahr 2013 i. H. v. 12.868,71 €, mit Bescheid vom 10.04.2015 für das Jahr 2014 i. H. v. 12.407,88 € und mit Bescheid vom 04.04.2016 für das Jahr 2015 i. H. v. 23.563,85 € fest. Die Klägerin hatte Summen für das Jahr 2011 i. H. v. 591.094,00 €, für das Jahr 2012 i. H. v. 735.013,00 €, für das Jahr 2013 i. H. v. 313.871,00 €, für das Jahr 2014 i. H. v. 238.613,00 € und für das Jahr 2015 i. H. v. 453.151,00 € gemeldet. Beiträge für Entgelte an selbstständige Tätige im europäischen Ausland hat sie nicht gemeldet.

Die Klägerin schloss mit Herrn D. (im Weiteren Herr D.) am 21.08.2012 einen Vertrag über dessen Tätigkeit. für die Klägerin als Testimonial und Markenbotschafter ab; auf den Inhalt dieses Vertrages, insbesondere auf die Präambel sowie auf die Regelungen in den §§ 1, 2, 4 dieses Vertrages wird vollumfänglich verwiesen.

Die Klägerin schloss in den Jahren 2013, 2014 und 2015 mit Herrn E., mit Frau F., mit Herrn G., mit Frau H. und Frau J. jeweils einen Markenbotschaftervertrag ab. Bei Herrn E. handelt es sich um einen erfolgreichen deutschen Schauspieler, bei Frau F. um eine erfolgreiche deutsche Songschreiberin, Sängerin, Moderatorin, Schauspielerin und Model, bei Herrn G. um einen deutschen Schauspieler und Synchronsprecher, bei Frau H. um eine deutsche Schauspielerin, Model und Synchronsprecherin sowie bei Frau J. um eine deutsche Schauspielerin, Filmregisseurin und Drehbuchautorin.

In den Verträgen mit den Schauspielern werde diese durchgängig als Künstler bezeichnet. Diese Verträge bestanden jeweils aus einem Hauptvertrag sowie verschiedene Anlagen, welche wesentliche Bestandteile des Hauptvertrages sind. Bis auf die jeweils zu erbringenden Leistungen waren die Verträge nahezu identisch. Die Gegenleistung der Klägerin bestand dabei jeweils in der Zahlung eines Entgelts sowie in der Zurverfügungstellung eines Fahrzeuges, wobei das Fahrzeug im Eigentum der Klägerin verblieb. Die Kündigung des Markenbotschaftervertrages war insbesondere bei der fortgesetzten eigenen privaten Nutzung von Nicht-A-Fahrzeugen vorgesehen. Die Künstler verpflichteten sich d für eine gewisse Anzahl von Anwesenheitstage jährlich mit einem gewissen Stundenkontingent zur Verfügung zu stehen. An diesen Tagen sollten die Künstler bei europäischen A-Veranstaltungen, auf internationalen Händler-...

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