Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss eines Anspruchs auf Versorgung mit Lorenzo's Öl durch die Krankenkasse

 

Orientierungssatz

1. Versicherte haben nach §§ 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 31 Abs. 1 S. 1 SGB 5 Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit sie nicht gezielt ausgeschlossen sind.

2. Für Lorenzo's Öl liegt eine Zulassung nach § 21 Abs. 1 AMG nicht vor.

3. In Ziffer 20.1i der Arzneimittel-Richtlinien (AMR) ist Lorenzo's Öl ausdrücklich als nicht verordnungsfähiges Lebensmittel benannt.

4. Als neue Behandlungsmethode ist Lorenzo's Öl vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht in die Liste der anerkannten Methoden aufgenommen.

5. Auch unter dem Gesichtspunkt eines sog. Systemversagens ist ein Versorgungsanspruch des Versicherten nicht herzuleiten.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.02.2008; Aktenzeichen B 1 KR 16/07 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme einer, auf Dauer angelegten Behandlung mit Spezialölen, die unter dem Namen „Lorenzo’s Öl“ bekannt geworden und vertrieben werden.

Der inzwischen 41-jährige Kläger leidet seit seinem 17. Lebensjahr unter einer Adrenomyeloneuropathie, einer rezessiv vererbbaren Erkrankung, die mit einer schweren Störung des Stoffwechsels in Form der Ausbildung sehr langkettiger Fettsäuren und deren krankhafter Anhäufung im Blut und in verschiedenen Organen führt. Meist ist sie verbunden mit einer Schädigung der Nebennieren und/oder der Hirnnerven. Als deren Folge bilden sich sehr schwerwiegende, meist neurologische und endokrinologische Funktionsstörungen aus, wie sie auch beim Kläger in Form einer schweren Spastik vorliegen. Eine Standardbehandlung gibt es nicht, im Frühstadium ohne Ausbruch wird von medizinischer Seite aktuell eine Knochenmarkstransplantation vorgeschlagen.

Seitens des Chefarztes des Sächsischen Krankenhauses Hubertusburg, der bekanntermaßen seit vielen Jahren über diese Erkrankung forscht und dabei neben einer strengen Diät ein Produkt aus zwei Spezialölen (Glyceroltrioleat und Glyceroltrierucat) einsetzt, das durch die Firma C. Gesellschaft für klinische Ernährung mbH als Fertigprodukt angeboten wird, wurde am 21.01.2000 Antrag auf Therapieübernahme mit der Begründung gestellt, dass unter dieser Therapie innerhalb weniger Wochen es zu einer Normalisierung der pathologisch erhöhten Blutwerte komme, wobei mit Kosten in Höhe von monatlich ca. 2.000,-- DM zu rechnen sei. Entsprechende Verordnungen wurden auch durch den Chefarzt „zur selbständigen Bestellung durch den Kläger“ ausgestellt.

Daraufhin zog die Beklagte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Hessen (Dr. D. vom 21.02.2000) bei, der bestätigte, dass die therapeutischen Möglichkeiten zur Behandlung des Krankheitsbildes sehr beschränkt seien. Zwar sei verschiedenen Veröffentlichungen zu entnehmen, dass „Lorenzo’s Öl“ zu einer Reduzierung des Plasmaspiegels gesättigter, langkettiger Fettsäuren führe, eine Rückbildung der bereits vorhandenen Symptome aber bisher nicht nachgewiesen werden konnte. Gestützt darauf übernahm die Beklagte mit Bescheid vom 23.02.2000 die Kosten dieser Therapie für zunächst ein Jahr.

Am 29.01.2001 stellte der Kläger daraufhin Antrag auf weitere Kostenübernahme und begründete dies damit, dass aus den Untersuchungsergebnissen der Universitätsklinik Göttingen hervorgehe, dass bei ihm aufgrund der Behandlung mit „Lorenzo’s Öl“ die Blutfettwerte C 26:0 inzwischen im Normbereich lägen. In der von der Beklagten erneut beim MDK eingeholten Stellungnahme kommt Dr. D. am 10.04.2001 nunmehr zu dem Ergebnis, dass mittels dieser Therapie zwar eine Normalisierung der Plasmakonzentration erzielt werden könne, jedoch damit eine günstige Beeinflussung des Krankheitsverlaufs - entgegen den ursprünglichen Hoffnungen - nicht erreicht werden konnte. Außerdem stelle Lorenzo’s Öl kein Arzneimittel, sondern lediglich ein Nahrungsergänzungsmittel dar, das auch nicht zu den in den Arzneimittelrichtlinien aufgeführten Ausnahmen zähle. Deshalb könne es auch im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht verordnet werden.

Aufgrund der Tatsache, dass keine aktuellen Befunde des Krankheitsbildes des Klägers vorlagen, gewährte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 25.04.2001 eine Kostenübernahme für zunächst weitere sechs Monate und forderte ihn gleichzeitig auf, im Falle eines weiteren Antrages aktuelle Befundberichte sowie einen Bericht über den Therapieverlauf zu übersenden.

Bereits am 20.8.2001 beantragte der Kläger daraufhin eine Verlängerung der Kostenzusage und legte dazu einerseits eine Stellungnahme des Dr. E., Sächsisches Krankenhaus Hubertusburg in Wermsdorf vom 16.08.2001 sowie ein Sachverständigengutachten von Prof. Dr. F., Chefarzt der Neurologischen Abteilung des Kreiskrankenhauses Moabit (Berlin) vom 09.06.2000 vor. Darin verweist Dr. E., dass er über eine etwa 50-jährige Erfahrung mit der Behandlung von Lorenzo’s Öl verfüge und sich dabei in...

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