Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers vorläufig ohne Anrechnung des Einkommens oder Vermögens der Eltern des Antragstellers zu berechnen.

II. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller dessen notwendig entstandene außergerichtliche Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der am ... 1982 geborene Antragsteller beantragte am 12.06.2006 bei der Antragsgegnerin für den Zeitraum ab 01.07.2006 die Fortzahlung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Mit Bescheid vom 10.10.2006 lehnte die Antragsgegnerin diesen Antrag mit der Begründung ab, der Antragsteller habe seit 01.07.2006 keinen eigenständigen Anspruch mehr auf Leistungen. Er lebe im Haushalt seiner Eltern, sei unverheiratet und habe das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet. Die Entscheidung beruhe auf § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II in der ab 01.07.2006 geltenden Fassung. Der Antragsteller gehöre nunmehr zur Bedarfsgemeinschaft seiner Eltern. Die Leistung an die Bedarfsgemeinschaft werde unter Berücksichtigung aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft berechnet. Hierüber erhalte der bisherige Bevollmächtigte der Bedarfsgemeinschaft einen gesonderten Bescheid.

Dagegen legte der Antragsteller am 16.10.2006 Widerspruch ein. Er lebe nicht in einer Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern. Einerseits liege ein „Wirtschaften aus einem Topf“ nicht vor, andererseits habe ein Außendienstmitarbeiter der Antragsgegnerin nach einem Besuch am 29.09.2006 festgestellt, der Antragsteller bewohne eine abgeschlossene Wohnung.

Bei den Akten der Antragsgegnerin befinden sich zwei Ermittlungsprotokolle hinsichtlich der Überprüfung des Wohnraumes des Antragstellers. Mit Feststellungsprotokoll vom 20.09.2006 wurde festgehalten, dass der Antragsteller eine eigene abgeschlossene Wohnung im Haus seiner Eltern bewohnt. Mit weiterem Ermittlungsprotokoll vom 19.10.2006 wurde festgehalten, dass der Antragsteller im Mehrfamilienhaus seiner Eltern wohne, in einem alten Anbau. Zurzeit wohne und schlafe der Antragsteller in dem Wohnzimmer, eine Küche sei vorhanden, Bad und Schlafzimmer seien noch nicht vorhanden, würden aber nach Aussage des Vaters des Antragstellers im Dachgeschoss noch ausgebaut. Der Antragsteller wasche sich laut eigener Angaben in der Spüle. Weiter wird festgestellt, dass die Wäsche des Antragstellers von seiner Mutter gewaschen werde.

Am 18.10.2006 beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Er erhalte von seinen Eltern keine finanzielle Unterstützung. Ein Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern bestehe nicht, da er bereits 23 Jahre alt sei und das Einkommen seiner Eltern unter deren Selbstbehalt liege.

Der Antragsteller legte mit seinem Antragsschreiben eine Erklärung seiner Eltern vom 12.10.2006 vor. Die Eltern des Antragstellers führen in dieser Erklärung aus, der Antragsteller habe nunmehr ein Alter erreicht, in dem er für sich selbst sorgen müsse. Zwar wohne er mietfrei in der Wohnung im Elternhaus, müsse jedoch Betriebskosten für die Wohnung bezahlen. Seinen Lebensunterhalt müsse er selbst bestreiten. Die Eltern seien weder in der Lage noch willens, den Lebensunterhalt des Antragstellers zu bestreiten.

Mit Schriftsatz vom 30.10.2006 wies die Antragsgegnerin darauf hin, dem Antragsteller stehe kein Anordnungsanspruch zu. Der Antragsteller führe keinen eigenen Haushalt und gehöre daher dem Haushalt seiner Eltern an. Der Antragsteller gehöre daher gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zur Bedarfsgemeinschaft seiner Eltern. Überdies fehle auch ein Anordnungsgrund. Dem Antragsteller sei zuzumuten, den Abschluss des Vorverfahrens abzuwarten.

Demgegenüber meint der Antragsteller mit Schreiben vom 13.11.2006, er bewohne eine eigene Wohnung, in der er eigenständig kochen, schlafen, wohnen und sich waschen könne. Die Toilette liege zwar außerhalb der Wohnung, jedoch nicht in der Wohnung seiner Eltern.

Mit weiterem Schriftsatz vom 26.11.2006 wies der Antragsteller darauf hin, er wasche seine Wäsche in der Küche selbst bzw. nutze die Waschmaschine der Eltern gelegentlich.

Mit Schreiben vom 30.11.2006 an die Antragsgegnerin wies der Kammervorsitzende darauf hin, die Ausführungen des Antragstellers, er wirtschafte mit seinen Eltern nicht „aus einem Topf“, seien nicht widerlegt. Auch die Antragsgegnerin gehe im Ermittlungsprotokoll vom 20.09.2006 davon aus, dass der Antragsteller eine eigene abgeschlossene Wohnung bewohne. Überdies müsse die Prüfung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers nicht nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II durchgeführt werden, sondern anhand von § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II.

II.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach...

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