Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Ermächtigung einer Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit der Zusatzbezeichnung Kinder-Rheumatologie und Immunpathologie zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Versorgungsangebot im Planungsbereich

 

Orientierungssatz

Der räumliche Bereich, für den zu klären ist, ob ein die vertragsärztliche Versorgung sicherstellendes Versorgungsangebot vorliegt, ist bei dem qualitativ-speziellen Versorgungsbedarf grundsätzlich - ebenso wie beim quantitativ-allgemeinen Bedarf - der Planungsbereich, in dem der Krankenhausarzt praktiziert. Diese Anknüpfung an den Planungsbereich ist auch bei der Ermittlung eines qualitativ-speziellen Versorgungsbedarfs maßgebend (vgl BSG vom 19.7.2006 - B 6 KA 14/05 R = SozR 4-2500 § 116 Nr 3 und vom 30.1.2002 - B 6 KA 12/01 R = SozR 3-2500 § 116 Nr 24). Hieraus folgt, dass auch im Hinblick auf einen qualitativ-speziellen Versorgungsbedarf allein auf die Stadt Berlin, nicht jedoch auf das südwestlich angrenzende Brandenburger Umland abzustellen ist.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen 2) bis 6), die nicht erstattungsfähig sind.

 

Tatbestand

Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit der Zusatzbezeichnung Kinder-Rheumatologie und Immunpathologie.

Die im Jahr 1992 approbierte Klägerin besitzt seit dem 1. November 1995 die Anerkennung für das Fachgebiet Kinder- und Jugendmedizin und verfügt seit dem 25. August 2006 über die Zusatzbezeichnung Kinder-Rheumatologie. Hauptberuflich ist sie als Oberärztin am H.. Klinikum E… v.. B… im Berliner Bezirk S…-Z… tätig.

Mit Schreiben vom 31. August 2009 beantragte sie bei dem Zulassungsausschuss für Ärzte (im Folgenden: Zulassungsausschuss) eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung für bestimmte, in ihrem Antrag näher bezeichnete EBM-Ziffern. Ihren Antrag begründete sie damit, dass die Versorgung von chronisch kranken Kindern und Jugendlichen mit Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis und die große Anzahl möglicher differenzialdiagnostischer Erkrankungen vom betreuenden Arzt spezielle Kenntnisse in der Diagnostik und Therapie erfordere. Über solche verfüge sie aufgrund ihrer beruflichen Erfahrungen und Qualifikationen. Im gesamten südlichen Berliner Raum fehle ein derartig fachlich qualifizierter Ansprechpartner; die Möglichkeit einer kurzfristigen Behandlung sei nicht gegeben. Durch eine Ermächtigungssprechstunde im Klinikum E… v.. B… würde sich die Betreuungssituation für rheumakranke Kinder und Jugendliche im Süden Berlins deutlich verbessern.

Zur Ermittlung des Bedarfs schrieb der Zulassungsausschuss die Berufsverbände der Internistischen Rheumatologen sowie der Kinder- und Jugendärzte Berlin an.

Mit Beschluss vom 7. Dezember 2009, ausgefertigt am 29. Januar 2010, lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag der Klägerin ab. Es bestehe kein Bedarf für die begehrte Ermächtigung. Dies ergebe sich zum einen aus den eingeholten Auskünften, zum anderen aber auch aus den persönlichen Ausführungen der Klägerin. So habe sie selbst erklärt, Rheuma sei keine häufige Erkrankung bei Kindern, und Patienten aus dem Süden Brandenburgs hätten es sehr weit, zu einem entsprechend qualifizierten Arzt im Norden Berlins zu gelangen. Aus der Versorgungssituation im Land Brandenburg könne jedoch kein Anspruch auf eine Ermächtigung im Land Berlin hergeleitet werden.

Gegen den der Klägerin am 1. Februar 2010 zugestellten Beschluss richtet sich der am 1. März 2010 eingegangene Widerspruch der Klägerin. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, es bestünden im Land Berlin ganz erhebliche Wartezeiten für eine Behandlung rheumakranker Kinder und Jugendlicher. Durch die begehrte Ermächtigung würde sich deren Versorgungssituation deutlich verbessern. Überdies seien Brandenburger Kinder auf eine Inanspruchnahme von Spezialisten in Berlin angewiesen.

Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte in seiner Sitzung vom 28. April 2010 durch am 8. Juni 2010 ausgefertigten Widerspruchsbescheid zurück. Der Verband der Kinder- und Jugendärzte habe mitgeteilt, dass es für rheumatische Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen in Berlin ausreichende Behandlungsmöglichkeiten gebe. Auch der Patientenvertreter (Mitglied der Berliner Rheumaliga) habe gegenüber dem Zulassungsausschuss seine Erkenntnisse dahingehend beschrieben, dass ausreichende Behandlungsmöglichkeiten bestünden und lange Wartezeiten nicht mitgeteilt worden seien. Dies sei auch im Hinblick auf die “Anhaltszahlen zum Bedarf an internistischen Rheumatologen, Kinderrheumatologen, Akutkrankenhausbetten und medizinischer Rehabilitation„ der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. nachvollziehbar. Dort werde der Bedarf an Kinderrheumatologen dahingehend beschrieben, dass ein Kinderrheumatologe au...

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