Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Berücksichtigung von Vermögen. Verwertung von Lebensversicherungen. offensichtliche Unwirtschaftlichkeit. Verluste bei der Vermögensverwertung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur "offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit" bei der Verwertung von Versicherungen im Sinne von § 12 Abs 3 Nr 6 SGB 2:  Verluste von bis zu dreißig Prozent sind noch nicht als unwirtschaftlich im Sinne dieser Vorschrift anzusehen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

Der dreiundvierzig Jahre alte Kläger begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Am 25. Oktober 2004 beantragte er die streitgegenständlichen Leistungen beim Beklagten. Zu diesem Zeitpunkt verfügte er über ein Girokonto, das einen Kontostand von 603,97 EUR verzeichnete. Zudem reichte er einen Kontoauszug eines Vorsorgesparvertrages ein, der am 31. Dezember 2003 einen Stand von 4.338,04 EUR aufwies. In seinem Antrag gab er weiter an, dass er über ein Sparbuch mit 4.250,- EUR verfüge. Außerdem besaß er eine Lebensversicherung, die am 31. Oktober 2005 bei einem eingezahlten Betrag von 11.883,62 EUR einen Rückkaufswert von 8.115,77 EUR hatte. Darüber hinaus verfügte er über zwei Vermögensbildungsversicherungen, von denen die eine ebenfalls am 31. Oktober 2004 bei einer Einzahlung von 930,65 EUR einen Rückkaufswert von 858,- EUR und die andere am selben Stichtag bei einer Einzahlung von 877,38 EUR einen Rückkaufswert von 633,- EUR hatte.

Der Beklagte versagte mit Bescheid vom 1. Dezember 2004 die beantragten Leistungen und gab zur Begründung an, der Kläger habe darauf wegen des vorhandenen Vermögens keinen Anspruch. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2005 zurück.

Diese Entscheidung greift der Kläger mit seiner am 7. April 2005 beim Sozialgerichteingegangenen Klage an und trägt vor, die Verwertung der vorhandenen Versicherungen würde seine geplante Altersvorsorge vereiteln und zudem zu erheblichen Verlusten führen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Dezember 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 3. März 2005 zu verpflichten, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakten und die Leistungsakten des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand des Verfahrens gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage richtet sich zutreffend gegen den Beklagten, der als Arbeitsgemeinschaft der Bundesagentur für Arbeit und des Landes Berlin eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung darstellt und gemäß § 70 Nr. 2 SGG beteiligtenfähig ist.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, weil keine Hilfebedürftigkeit festzustellen ist. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigen Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Der Kläger kann seinen Lebensunterhalt aus seinem Vermögen bestreiten. Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Gemäß § 12 Abs. 4 SGB II ist das Vermögen mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen, wobei für die Bewertung der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs. Der Kläger verfügte zum Zeitpunkt der Antragstellung über erhebliches Vermögen, das er zur Deckung seines Lebensunterhaltes einsetzen musste. Das gilt sowohl für die vorhandenen Konten und das Sparbuch als auch für die Lebensversicherung und die Vermögensbildungsversicherungen.

Die Versicherungen des Klägers sind keine geschützten Vermögensgegenstände im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II. Danach ist vom Vermögen eine Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge abzusetzen, soweit der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet. Bei den Versicherungen handelt es sich jedoch nicht um ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes Vermögen.

Es handelt sich auch nicht um geschützte Vermögenswerte im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, also geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhesta...

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