Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberaterin. Zurückweisung als Bevollmächtigte im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Die Vertretung eines Mandanten im Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB 4 durch einen Steuerberater stellt eine geschäftsmäßige Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit dar, die einer Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) bedarf und nicht nach Art 1 § 5 Nr 2 RBerG erlaubnisfrei ist. In diesem Fall ist kein unmittelbarer Zusammenhang mit der Steuerberatungstätigkeit iS dieser Vorschrift gegeben. Der Steuerberater ist daher nach § 13 Abs 5 S 1 SGB 10 idF des Dritten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (VwVfRÄndG 3) vom 21.8.2002 als Bevollmächtigter zurückzuweisen.

2. Das gleiche gilt unter Geltung des § 13 Abs 5 SGB 10 idF des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (VwVfRÄndG 4) vom 11.12.2008 iVm den Vorschriften des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz - RDG).

3. Zur Auslegung des § 5 Abs 1 RDG.

4. Das unter 1. und 2. gefundene Ergebnis verstößt nicht gegen die in Art 12 GG garantierte Berufsausübungsfreiheit.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.03.2014; Aktenzeichen B 12 R 4/12 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird endgültig auf 309,40 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Zurückweisung als Bevollmächtigte im Verwaltungsverfahren.

Die Klägerin ist als selbständige Steuerberaterin und vereidigte Buchprüferin in F. tätig. Der Beigeladene ist Gesellschafter und Prokurist einer in F. ansässigen GmbH, die Dienstleistungen im Bereich Kunststoffverarbeitung erbringt. Zur Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status leitete die Klägerin unter dem 10.04.2007 ein Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV bei der Beklagten ein. Nachdem die Beklagte auf das Fehlen einer Vollmacht hingewiesen hatte, übersandte die Klägerin eine schriftliche Vollmacht des Beigeladenen vom 02.07.2007. Mit inzwischen bestandskräftigem Bescheid vom 28.08.2007 stellte die Beklagte das Statusfeststellungsverfahren gegenüber dem Beigeladenen wegen fehlender Mitwirkung ein. Mit weiterem Bescheid vom 28.08.2007 wies sie die Klägerin als Bevollmächtigte zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Tätigkeit für den Beigeladenen stelle eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar. Die Klägerin sei hierzu nicht befugt, weil sie über keinerlei Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) verfüge. Insbesondere fehle es an einem unmittelbaren Zusammenhang im Sinne von Art. 1 § 5 Nr. 2 RberG zwischen der steuerberatenden Tätigkeit der Klägerin und ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen im Anfrageverfahren. Die Klägerin legte am 04.09.2007 Widerspruch ein und führte aus, für die Lohnbuchführung beim Arbeitgeber des Beigeladenen müsse sie auch befugt sein, diesen im Verfahren zur Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status zu vertreten. Anderenfalls verletzte sie ihre Pflichten aus dem Steuerberatervertrag und setze sich der Gefahr einer zivilrechtlichen Haftung aus. Hierzu wies sie auf ein Urteil des OLG Brandenburg zur Steuerberaterhaftung vom 07.11.2006 (Az. U 23/06) hin. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2008 wies die Beklagte den Widerspruch unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen zurück. Unter dem 16.09.2008 wandte sich die Klägerin erneut an die Beklagte und bat unter Bezugnahme auf das zwischenzeitlich in Kraft getretene Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - Rechtsdienstleistungsgesetz (im Folgenden: RDG) um Überprüfung der Entscheidung der Beklagten. Mit Bescheid vom 15.09.2008 lehnte die Beklagte eine Aufhebung des Bescheides vom 28.08.2007 ab. Zur Begründung führte sie aus, es sei weder das Recht unrichtig angewandt worden noch sei von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Die Tätigkeit der Klägerin für den Beigeladenen im Anfrageverfahren stelle eine Rechtsdienstleistung dar, die nach Maßgabe des RDG einer Erlaubnis bedürfe. Eine solche Erlaubnis liege jedoch nicht vor, insbesondere sei die Tätigkeit der Klägerin nicht nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubt. Die Klägerin legte am 20.10.2008 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2008 unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen zurückwies.

Hiergegen richtet sich die am 27.12.2008 erhobene Klage.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihre Tätigkeit für den Beigeladenen stelle schon keine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG dar, so dass das RDG nicht anwendbar sei, weil sie sich auf das Ausfüllen eines von der Beklagten zugesandten Formulars beschränkt hätte. Selbst für den Fall einer grundsätzlichen Anwendbarkeit des RDG aber bestehe ein sachlicher Zusammenhang zwischen ihrer steuerberatenden Tätigkeit und ihrer Tätigkeit im Anfrageverfahren, so dass es sich um eine nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubte Tätigkeit handele.

Die Klägerin beantragt,

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