nicht rechtskräftig

 

Tenor

Der Bescheid vom 08.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2004 wird aufgehoben. Die Beklagte hat die Kosten der Klägerin zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Minderung ihres Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Meldung.

Die am 00.00.1957 geborene Klägerin arbeitete von Juni 2001 bis zum 31.12.2002 als Lageristin bei der Firma X GmbH und zuletzt vom 25.08.2003 bis zum 29.02.2004 als Packerin bei der Firma V und Co. KG. Das Beschäftigungsverhältnis war von Beginn an bis zum 29.02.2004 befristet. Die Klägerin meldete sich am 18.02.2004 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, welches die Beklagte ab 01.03.2004 bewilligte.

Mit Bescheid vom 08.03.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Anspruch auf Leistungen mindere sich in Höhe von 1050,00 EUR. Die Klägerin hätte sich spätestens am 02.12.2003 beim Arbeitsamt arbeitssuchend melden müssen. Tatsächlich habe sie sich erst am 18.02.2004 gemeldet. Die Meldung sei somit gemäß § 37b SGB III um 79 Tage zu spät erfolgt. Gemäß § 140 SGB III mindere sich der Anspruch der Klägerin auf Leistungen um 35,00 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens jedoch für 30 Tage. Der Minderungsbetrag werde auf die halbe Leistung angerechnet. Die Anrechnung beginne am 01.03.2004 und sei voraussichtlich mit Ablauf des 13.05.2004 beendet.

Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, der mit der Firma V abgeschlossene Zeitvertrag habe die Option einer Vertragsverlängerung über den 29.02.2004 erhalten. Als sie sich am 17.02.2004 bei ihrem Arbeitgeber erkundigt habe, ob ihr Arbeitsvertrag verlängert werde, sei dies verneint worden. Daraufhin habe sie sich am 18.02.2004 beim Arbeitsamt arbeitssuchend gemeldet. In dem Merkblatt für Arbeitslose, welches sie am 18.02.2004 erhalten habe, sei ausgeführt, dass eine Meldung der Arbeitslosigkeit einen Tag nach dem Beschäftigungsende ausreiche.

Mit Bescheid vom 08.04.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verwies auf §§ 37b, 140 SGB III.

Hiergegen richtet sich die am 20.04.2004 erhobene Klage. Die Klägerin hat den Arbeitsvertrag mit der Firma V vom 25.08.2003 vorgelegt und darauf hingewiesen, dass dieser keine Belehrung über die Notwendigkeit unverzüglicher Arbeitslosmeldung beinhalte.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 08.03.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ein Muster des der Klägerin mit Aufnahme der Tätigkeit bei der Firma V erteilten Aufhebungsbescheides vorgelegt, das den Hinweis enthält: "Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder in einem anderen Versicherungspflichtverhältnis, müssen sie sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitssuchend melden". Der Inhalt des am 18.02.2004 ausgehändigten Merkblatts spiele keine Rolle.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Der Entscheidung der Beklagten fehlt es an einer Ermächtigungsgrundlage:

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld wird durch die Eigentumsgarantie im Sinne des Art. 14 GG geschützt (BVerfG, Beschluss vom 12.02.1986 - 1 BvL 39/83 -). Allerdings wird die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie erst durch die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist, bestimmt (BVerfG 53, 257). Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG schließt die Befugnis des Gesetzgebers ein, Ansprüche auf Arbeitslosengeld zu beschränken. Sofern die Beschränkung einem Zweck des Gemeinwohls dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, Ansprüche umzugestalten. Der Gesetzgeber muss bei der Wahrnehmung seines Auftrags, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, sowohl die grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG - dies gilt auch für Ansprüche auf Arbeitslosengeld uneingeschränkt - beachten, als auch sich im Einklang mit anderen Verfassungsnormen halten. Insbesondere ist er an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss dabei die Einschränkung der Eigentümerbefugnisse zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und notwendig sein; sie darf den Betroffenen nicht übermäßig belasten und muss ihm zumutbar sein (vgl. hierzu ausführlich BVerfG, Beschluss vom 10.02.1987 - 1 BvL 15/83 m. w. N.).

Die Beklagte kann ihre Entscheidung nicht auf § 140 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 37b SGB III stützen.

Die Kammer hat bereits Zweifel, ob diese Norm jedenfalls in Fällen de...

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