Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Erziehungsgeld einer nicht Asylberechtigten mit Aufenthaltserlaubnis

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch einer Ausländerin mit Aufenthaltserlaubnis auf Erziehungsgeld hängt gemäß § 1 Abs. 7 Nr. 3 BEEG davon ab, dass die Ausländerin sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.

2. § 1 Abs. 7 BEEG ist nicht verfassungswidrig: Das Differenzierungskriterium eines bestimmten Aufenthaltstitels in Kombination mit einem engen Bezug zum Erwerbsleben in Deutschland ist geeignet, diejenigen Ausländer zu erfassen, von denen erwartet werden kann, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben.

 

Nachgehend

BSG (Teilurteil vom 30.09.2010; Aktenzeichen B 10 EG 9/09 R)

BSG (Vorlegungsbeschluss vom 30.09.2010; Aktenzeichen B 10 EG 9/09 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nichtzu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Elterngeld für die Zeit vom 22.08.2007 bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats der am 00.00 ...2007 geborenen Zwillinge N. und N.

Die 0000 geborene Klägerin ist ledig und kongolesische Staatsangehörige. Sie reiste am 10.03.2002 nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Sie ist nicht als Asylberechtigte anerkannt. Jedoch ist ihre Abschiebung gemäß § 60 Abs. 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ausgesetzt. Die Klägerin ist - zumindest seit Juli 2006 - in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG; zunächst war ihr eine Erwerbstätigkeit nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde gestattet. Die ihr am 20.07.2007 weiterhin nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilte Aufenthaltserlaubnis berechtigte und berechtigt sie zu einer (unselbstständigen) Beschäftigung jeder Art. Die Klägerin war bisher nicht erwerbstätig. Seit 01.08.2007 bezieht sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 09.03.2007 gebar sie die Zwillinge N. und N.

Am 22.11.2007 beantragte die Klägerin Elterngeld für den vierten bis vierzehnten Lebensmonat der Zwillinge.

Das Versorgungsamt B. lehnte den Antrag durch Bescheid vom 03.12.2007 ab; der erteilte Aufenthaltstitel begründe keinen Anspruch auf Elterngeld.

Dagegen legte die Klägerin am 18.12.2007 Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, die Regelung des § 1 Abs. 7 BEEG sei verfassungswidrig.

Durch Widerspruchsbescheid vom 17.06.2008 wies die Bezirksregierung N. den Widerspruch zurück. Zwar sei die Klägerin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG und halte sich seit mindestens drei Jahren berechtigt in der Bundesrepublik auf; jedoch sei sie weder berechtigt erwerbstätig noch beziehe sie laufende Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) noch nehme sie Elternzeit in Anspruch. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 7 Ziffer 3 b) BEEG seien damit nicht erfüllt.

Dagegen hat die Klägerin am 03.07.2008 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, aus der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 06.07.2007 (1 BvR 2515/95) ergangenen Entscheidung zum Erziehungsgeld ergebe sich, dass es nicht sachgerecht sei, für den Leistungsanspruch eines Ausländers allein an die Art eines Aufenthaltstitels anzuknüpfen, wenn er sich voraussichtlich auf Dauer im Bundesgebiet aufhalten dürfe. Dies gelte auch für das Elterngeld. Soweit der Gesetzgeber zwischenzeitlich die Erziehungsgeldzugangsvoraussetzungen für Ausländer neu geregelt und auch eine entsprechende Vorschrift in § 1 Abs. 7 BEEG aufgenommen habe, sei der Kreis der Anspruchsberechtigten wieder in diskriminierender Weise eingeschränkt worden. Es gebe keinen sachlichen Grund, den Anspruch auf Elterngeld für Inhaber eines Aufenthaltstitels der in § 1 Abs. 7 Nr. 2 c) BEEG aufgeführten Art von zusätzlichen Voraussetzungen als dem Zugang zum Arbeitsmarkt abhängig zu machen. Dies verstoße gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) und Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Versorgungsamtes Aachen vom 03.12.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung N vom 17.06.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr für die am 09.03.2007 geborenen Zwillinge N. und N. Elterngeld für die Zeit vom 22.08.2007 bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensmonats zu zahlen, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen, ob § 1 Abs. 7 Bundeselterngeldgesetz mit Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, § 1 Abs. 7 BEEG sei nicht verfassungswidrig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genom...

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