Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütung für Krankenhausbehandlung. Krankenhausarzt. Auswirkung der Rücknahme der Approbation. Verjährungsfrist für zu Unrecht geleistete Krankenhausvergütung

 

Orientierungssatz

1. Die Rücknahme einer Approbation nach § 5 Abs 1 BÄO wirkt sich auf das Verhältnis zwischen dem Krankenhaus, für das der Betroffene tätig war, und den Krankenkassen nur für die Zukunft ab Bestandskraft bzw bei vorläufiger Vollstreckbarkeit ab Erlass des Rücknahmebescheides - ex nunc - aus. Daraus folgt, dass die Leistung des Krankenhauses im Verhältnis zur Krankenkasse gemäß den gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen ordnungsgemäß erbracht und die dafür der Krankenkasse in Rechnung gestellte Vergütung nicht rechtsgrundlos gezahlt worden sind.

2. Der Anspruch einer Krankenkasse auf Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Vergütung unterliegt einer vierjährigen Verjährung (stRspr vgl zB BSG vom 21.4.2015 - B 1 KR 7/15 R = SozR 4-7610 § 242 Nr 8 mwN).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Beigeladenen trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird auf 325.445,07 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin fordert von der Beklagten die Erstattung gezahlter Krankenhausvergütung in Höhe von 325.445,07 EUR aus 38 Behandlungsfällen.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort beschäftigte sie vom 19.10.2009 bis 06.11.2015 Herrn S. P. (im Folgende: SP) als Arzt. Die beigeladene Bezirksregierung Köln hatte diesem auf Antrag und nach Prüfung der eingereichten Unterlagen durch Bescheid und Urkunde vom 25.09.2016 die Approbation als Arzt erteilt. Das Beschäftigungsverhältnis zwischen SP und der Beklagten endete aufgrund fristloser Kündigung, nachdem sich herausgestellt hatte, dass SP Studienbescheinigungen, Zeugnisse, eine Promotionsurkunde und insbesondere ein "Zeugnis über die Ärztliche Prüfung" des Landesprüfungsamtes vom 12.09.2006, durch das der Abschluss des Medizinstudiums mit der Gesamtnote "gut" bescheinigt wurde, gefälscht hatte. Tatsächlich war SP weder promoviert worden noch hatte er die Ärztliche Prüfung abgelegt noch besaß er die Qualifikation eines "Facharzt für Viszeralchirurgie". Mit der erschlichenen, aber echten Approbationsurkunde bewarb sich SP bei der Beklagten, die ihn daraufhin als Arzt einstellte. SP arbeitete im Fachbereich "Viszeralchirurgie". Während seiner Tätigkeit für die Beklagte kam es zu 336 operativen Eingriffen an Patienten, bei denen SP als erster Operateur beteiligt war. Aufgrund dieser Eingriffe verurteilte ihn das Amtsgericht Düren durch rechtskräftiges Urteil vom 12.07.2016 (13 Ls - 401 Js 552/15 - 29/16) wegen Körperverletzung in 336 Fällen, die in den Urteilsgründen im Einzelnen nummeriert aufgelistet und beschrieben sind, darüber hinaus wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Zuvor hatte die beigeladene Bezirksregierung durch bestandskräftigen Bescheid vom 06.11.2015 die Approbation des SP als Arzt zurückgenommen mit der Begründung, die Erteilung der Approbation sei bereits zum damaligen Zeitpunkt rechtswidrig gewesen, da sie aufgrund falscher Tatsachen erfolgt und die Voraussetzungen tatsächlich nicht erfüllt gewesen seien.

Erstmals durch ein Schreiben des Verband der Ersatzkassen (VdEK) vom 27.10.2016 wurde die Beklagte mit der Forderung gesetzlicher Krankenkassen auf Erstattung der gezahlten Vergütung für unter Beteiligung des SP erfolgte Krankenhausbehandlungen ihrer Versicherten konfrontiert. Mit Schreiben vom 19.12.2016 verzichtet die Beklagte gegenüber dem VdEK, dessen Mitglied die Klägerin ist, zunächst bis zum 30.06.3017 auf die Einreden der Verjährung, "soweit behauptete Ansprüche nicht eo ipso bereits verjährt sein könnten".

Die Beklagte kam der - in der Folgezeit substanziierten - Erstattungsforderung nicht nach.

Daraufhin hat die Klägerin am 28.06.2017 Klage auf Zahlung von 325.445,07 EUR erhoben. Diese Forderung resultiert aus der von ihr gezahlten Vergütung für die Krankenhausbehandlung von 38 ihrer Versicherten, von denen eine im Jahre 2010, zehn im Jahre 2011 durchgeführt und abgerechnet worden sind. Diese Behandlungsfälle waren Gegenstand des Strafurteils vom 12.07.2016.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe der Klageforderung. Sie habe der Beklagten die Vergütung für die Behandlung der 38 näher bezeichneten Versicherten ohne rechtlichen Grund erbracht. Die Beklagte könne sich nicht auf einen Vergütungsanspruch gemäß § 109 Abs. 4 S. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m § 7 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) berufen. Das zugelassene Krankenhaus sei im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Es habe einen Vergütungsanspruch durch Fallpauschalen nur für eine erforderliche Behandlung. Eine nach zwingenden normativen Vorgaben ungeeignete Versorgung Versicherter sei nicht im Rechtssinne e...

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