Rz. 59

Der Erhalt der Vermögens- und Haftungsbasis in der Höhe des Stammkapitals wird durch folgende Vorschriften gesichert: Erstens dürfen Gewinnausschüttungen (d.h. Dividenden) nur aus dem Bilanzgewinn und aus hierfür gebildeten Reserven ausgerichtet werden, wobei vor der Festsetzung der Dividende die Zuweisungen an die gesetzlichen und statutarischen Reserven abzuziehen sind (Art. 798 Abs. 1 und 2 OR). Zweitens darf eine GmbH eigene Stammanteile nur erwerben, wenn genügend frei verwendbares Eigenkapital vorhanden ist und der Nennwert der erworbenen Stammanteile 10 % des Stammkapitals nicht übersteigt (Art. 783 Abs. 1 OR). Drittens sind verdeckte Gewinnausschüttungen unzulässig und müssen zurückerstattet werden (Art. 800 i.V.m. Art. 678 OR; Art. 798 und 804 Abs. 2 Ziff. 5 OR; Art. 158 StGB). Unter verdeckten Gewinnausschüttungen versteht man geschäftsmäßig nicht begründete Zuwendungen an Gesellschafter ohne einen entsprechenden Beschluss der Generalversammlung, Dividenden auszuschütten oder das Kapital herabzusetzen.

 

Rz. 60

Wenn die letzte Jahresbilanz zeigt, dass das Stammkapital und die gesetzlichen Reserven nicht mehr zur Hälfte mit Aktiven gedeckt sind (sog. Kapitalverlust), müssen unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einberufen und Sanierungsmaßnahmen beantragt werden. Besteht die begründete Besorgnis, dass die Aktiven auch das Fremdkapital nicht mehr decken (sog. Überschuldung), so hat die Geschäftsführung den Richter zu benachrichtigen, sofern nicht Gesellschaftsgläubiger im Ausmaß dieser Unterdeckung im Rang hinter alle anderen Gesellschaftsgläubiger zurücktreten (Art. 820 i.V.m. Art. 725 f. OR).

 

Rz. 61

Im Zusammenhang mit dem Kapitalschutz stellt sich die Frage nach der Qualifikation von Darlehen der Gesellschafter an die GmbH (Gesellschafterdarlehen). Diese sind insbesondere in kleineren Gesellschaften aus steuerlichen Gründen verbreitet, da der entrichtete Zins (zumindest im Rahmen der steuerlich anerkannten Zinssätze) vom Bruttoertrag der GmbH abgezogen werden kann. Dagegen dürfen Dividenden nur aus dem – zu versteuernden – Jahresgewinn ausgerichtet werden und sind überdies vom Gesellschafter noch einmal als Einkommen zu versteuern. Bei Gesellschafterdarlehen handelt es sich gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung um verdecktes Eigenkapital, wenn die GmbH kumulativ ohne das Darlehen ihre Aufgaben überhaupt nicht erfüllen könnte, kein unabhängiger Dritter der GmbH ein solches Darlehen gewähren würde, das Darlehen am Unternehmensrisiko partizipiert und das gewählte Vorgehen vernünftigerweise nur so erklärt werden kann, dass der Gesellschafter zum Zwecke der Steuerersparnis Darlehenszinsen statt Dividenden beziehen möchte. Solche Gesellschafterdarlehen können steuerlich wie Kapital behandelt werden. Im Konkurs können Gesellschafterdarlehen ebenfalls als Eigenkapital qualifiziert werden. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht kann verdecktes Eigenkapital jedoch nie als Eigenkapital betrachtet werden.

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