Rz. 61

Nach § 25 HGB haftet der Erwerber eines unter Lebenden erworbenen Handelsgeschäfts, wenn er das Geschäft unter der bisherigen Firma fortführt, für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten.

Voraussetzung ist zunächst der Übergang des Geschäfts, d. h. zumindest eines funktionsfähigen Unternehmenskerns.[1] Weiter ist erforderlich, wie § 25 Abs. 1 und 3 HGB ergeben, dass nach dem Übergang des Geschäfts dieses unter der bisherigen Firma[2] fortgeführt wird. Dabei kann ein Nachfolgezusatz hinzugefügt werden. Dieser oder andere geringfügige Änderungen der Firma schließen die Haftung nicht aus.[3] Eine solche geringfügige Abweichung ist z. B. anzunehmen, wenn an die Stelle des Firmenzusatzes "KG" die Bezeichnung "GmbH" tritt und der bisher ausgeschriebene Vorname des Komplementärs auf den Anfangsbuchstaben verkürzt wird.[4]

Wird anstelle des Namens nur eine Abkürzung in die Firma des Erwerbers übernommen, trägt dies die Haftung des Erwerbers nicht.[5] Eine Firmenfortführung liegt vor, wenn im Verkehr die neue Firma trotz vorgenommener Änderungen noch mit der alten identifiziert wird.[6]

Wie weit im Vordergrund für diese Haftung die Fortführung der Firma steht, zeigt die Rspr. des BGH, der die Haftung nach § 25 HGB auch dann eintreten lässt, wenn das Handelsgeschäft nur verpachtet, aber dann unter der bisherigen Firma fortgeführt wird.[7] Der Übernehmer einer Zweigniederlassung haftet, wenn diese im Rechtsverkehr im Großen und Ganzen wie ein eigenständiges Unternehmen in Erscheinung tritt, ebenfalls für ihre Verbindlichkeiten.[8]

Die Haftung nach § 25 Abs. 3 HGB bei Nichtübertragung der Firma kommt für Ansprüche aus dem Schuldverhältnis nur bei besonderer Verpflichtung in Betracht. Es handelt sich dann um eine vertragliche Haftung (vgl. Rz. 66).

 

Rz. 62

Die Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB erstreckt sich auf alle Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (zur Geltendmachung durch Haftungsbescheid vgl. Rz. 6), die in dem Handelsgeschäft begründet sind. Eine sachliche Einschränkung ist nicht vorgesehen. Allerdings gehört z. B. die Körperschaftssteuer als Personensteuer bei der Firmenfortführung nicht in den Haftungsbereich des § 25 Abs. 1 HGB.[9] Zeitliche Einschränkungen ergeben sich lediglich aus den Verjährungsvorschriften. § 25 Abs. 2 HGB lässt aber ausdrücklich die Möglichkeit einer Beschränkung bzw. eines Ausschlusses der Haftung zu, wenn die dort aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind. Die Vereinbarung über den Haftungsausschluss muss danach dem jeweiligen Gläubiger – entweder durch Einzelmitteilung oder allgemein durch Handelsregistereintragung und Bekanntgabe – bekannt gemacht werden, damit der Gläubiger rechtzeitig den bisherigen Geschäftsinhaber in Anspruch nehmen kann. Eine danach wirksame Haftungsbeschränkung oder -befreiung gilt auch für die steuerlichen Ansprüche. Das Steuerrecht, das im Übrigen keine Haftungsbeschränkung durch Vereinbarung mit Dritten anerkennt, kann die zivilrechtliche Haftungsvorschrift für seine Zwecke nur so übernehmen, wie es sie vorfindet (vgl. Rz. 21).

Ist der Erwerber für die früheren Verbindlichkeiten des Geschäfts haftbar, so gilt für den früheren Geschäftsinhaber eine Nachhaftungsbegrenzung von fünf Jahren ab Eintragung des Wechsels ins Handelsregister bzw. im Fall des § 25 Abs. 3 HGB ab Kundmachung der Übernahme.[10]

[1] Vgl. dazu OLG Celle v. 18.5.1993, 20 U 8/93, BB 1994, 1033.
[2] = Name des Kaufmanns, § 17 HGB.
[5] LG Koblenz v. 15.2.1995, 3 HO 148/93, MDR 1995, 755; OLG Köln v. 8.12.1992, 3 U 118/92, MDR 1994, 133.
[7] BGH v. 29.3.1982, II ZR 166/81, MDR 1982, 908; BGH v. 16.1.1984, II ZR 114/83, HFR 1984, 593.
[8] BGH v. 5.2.1979, II ZR 117/78, MDR 1979, 913.

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