Nicht jeder beliebige Zustand eines Nachbargrundstücks, der als Störung empfunden wird, berechtigt dazu, Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. Nach dem Wortlaut des § 907 BGB sind vielmehr nur Störungen abwehrbar, die durch Anlagen oder ihre Benutzung verursacht werden. Anlagen in diesem Sinn sind nach allgemeiner Meinung nur künstlich geschaffene Werke von gewisser Selbstständigkeit und Dauer, die eine Verbindung mit dem Grund und Boden haben.

Dazu zählen vor allem

  • Bauwerke und Bauteile,
  • künstliche Teiche, Gräben, Erdaufschüttungen oder
  • Dämme, die in Bewegung geraten können,
  • Taubenschläge,
  • mit dem Boden fest verbundene (nicht dagegen mobile) Bienenstöcke,
  • gemauerte Gartengrills oder
  • Tierställe.[1]
[1] Zu den Beispielen vgl. Grüneberg/Herrler, BGB, 81. Aufl. 2022, Rn. 1 zu § 907 BGB.

2.1.1 Natürliche Geländebeschaffenheiten

Keine Anlagen im Sinn von § 907 BGB sind dagegen natürliche Geländebeschaffenheiten eines Grundstücks, die nicht auf menschliches Handeln zurückgehen.

Das betrifft etwa ein felsiges Hanggrundstück. Gegenüber einem Felsrutsch kann sich der Eigentümer eines Unterliegergrundstücks gegen den Oberlieger nur dann erfolgreich zur Wehr setzen oder von diesem bei einem eingetretenen Schaden Ersatz verlangen, wenn der Oberlieger durch Grundstücksveränderungen oder die Art seiner Grundstücksnutzung für den Felsrutsch verantwortlich ist. Wird der Felsrutsch dagegen ausschließlich durch Naturkräfte ausgelöst, muss der betroffene Unterlieger selbst für seinen Schutz sorgen. Denn durch sein Ansiedeln am Fuß des Felshangs hat er nach der Rechtsprechung seine Gefahrenlage durch eigenes Tun geschaffen.[1]

 
Hinweis

Oberlieger kann aber "Zustandsstörer" sein

Auch wenn der Oberlieger für Gefahren, die auf Naturereignissen beruhen, zivilrechtlich nicht verantwortlich ist, kann ihm gleichwohl durch ordnungsbehördliche Verfügung aufgegeben werden, Felssicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um tiefergelegene Wohnhäuser zu schützen.[2] Denn nach öffentlichem Recht ist er "Zustandsstörer" im polizeirechtlichen Sinn.

2.1.2 Nicht willentlich geschaffene Zustände

Ebenso keine Anlagen im Sinn des § 907 BGB sind Zustände oder Gegebenheiten auf einem Nachbargrundstück, die ohne Willen des Eigentümers geschaffen wurden, wie etwa ein Trümmerhaufen als Folge von Kriegseinwirkungen.[1]

[1] Vgl. hierzu OLG Hamm, Urteil v. 20.11.1953, 5 U 194/53, NJW 1954, 273; OLG Köln, Urteil v. 22.6.1956, 4 U 57/56, NJW 1956, 1564.

2.1.3 Bodenerhöhungen

Schließlich sind keine Anlagen im Sinn von § 907 BGB nach der Rechtsprechung des BGH Bodenerhöhungen auf Nachbargrundstücken.[1] Das wird verständlich, wenn man bedenkt, dass bei einer flächenhaften Bodenerhöhung der neue mit dem alten Boden so vermischt oder verbunden wird, dass die Bodenerhöhung als solche wohl kaum das Merkmal einer gewissen Selbstständigkeit erfüllen kann, die im Gegensatz dazu ein räumlich oder der Höhe nach abgegrenzter Erdwall durchaus besitzt.[2] Für Bodenerhöhungen gelten daher die Sondervorschriften in den Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer (siehe hierzu ausführlich Wegner, Bodenerhöhungen und Grundstücksvertiefungen auf Nachbargrundstücken).

[1] Vgl. OLG Hamm, Urteil v. 9.10.2017, 5 U 146/16; BGH, Urteil v. 21.2.1980, III ZR 185/78, NJW 1980, 2580 mit weiteren Nachweisen.

2.1.4 Bäume und Sträucher

Bäume und Sträucher sind kraft Gesetzes keine Anlagen im Sinn des § 907 BGB (§ 907 Abs. 2 BGB).

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