Wie in Kap. 1 erläutert, gibt es bereits nach § 907 Abs. 1 BGB (und unabhängig davon nach § 1004 Abs. 1 BGB) einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch gegen Erdaufschüttungen bestimmter Art, und zwar dann, wenn von ihnen "mit einer der Gewissheit gleichkommenden Wahrscheinlichkeit" vorauszusehen ist, dass ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf ein Nachbargrundstück zur Folge hat. Ebenso kann ein Anspruch nach § 908 BGB auf Vornahme von Schutzvorkehrungen bestehen, der vom BGH etwa bei einem Damm bejaht wurde, von dem sich Teile gelöst hatten, die auf ein angrenzendes Nachbargrundstück verfrachtet worden waren.[1]

Allerdings trägt die Beweislast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen in diesen Fällen in vollem Umfang der Anspruchsteller (Kläger). Hier gewähren die Ländervorschriften über Bodenerhöhungen einen weitergehenden Schutz. Denn es muss nur dargelegt und bewiesen werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks erhöht wurde, wohingegen dessen Eigentümer die sehr viel schwierigere Darlegungs- und Beweislast trifft, dass durch die Bodenerhöhung eine Schädigung des angrenzenden Nachbargrundstücks ausgeschlossen ist.

[1] Vgl. BGH, Urteil v. 8.2.1972, VI ZR 155/70, NJW 1972, 724.

2.1 Zum Begriff der Bodenerhöhung

Bodenerhöhungen sind im Grunde genommen alle künstlichen Veränderungen der Erdoberfläche auf einem Grundstück durch Erhöhung des Geländeniveaus.

Dazu zählen etwa großflächige Bodenaufschüttungen, künstliche Hügel, Dämme und Wälle, erhöhte Auffahrten und Terrassen sowie Schutthalden. Gemeinsam ist den Bodenerhöhungen in allen diesen Erscheinungsformen, dass sie von Menschenhand künstlich geschaffen sind. Erhöhungen, die durch unbeeinflusste Naturereignisse geschaffen sind, wie Erdrutsche oder Anschwemmungen nach einem Hochwasser, fallen nicht darunter. Hier gilt nichts anderes, als bei den störenden Anlagen nach § 907 BGB.[1]

Ob die Bodenerhöhungen auf Dauer angelegt sind oder nur zu einem vorübergehenden Zweck (wie der abgelagerte Bodenaushub auf einem Baugrundstück), ist unerheblich. Die Landesvorschriften machen insoweit keinen Unterschied.

Die Landesvorschriften definieren schließlich Bodenerhöhungen noch dahingehend, dass mit ihnen der Boden eines Grundstücks über die Oberfläche des Nachbargrundstücks hinaus erhöht werden muss. Denn nur dann kann überhaupt eine Gefahr für das Nachbargrundstück zu besorgen sein. Eine Erhöhung der Bodenfläche auf das Niveau der Nachbargrundstücke ist daher zulässig. Dies soll nach der Rechtsprechung auch dann gelten, wenn ein Grundstück im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme so aufgefüllt wird, dass es ein Gefälle von nur 2% zum Nachbargrundstück aufweist (Höhenunterschied bei 10,5 m Breite 20 cm) und die Geländeoberfläche an der Grundstücksgrenze nicht höher als das Nachbargrundstück ist.[2]

 
Hinweis

Ausnahme in Sachsen

Nur Sachsen verlangt in § 17 SächsNRG diese Voraussetzung nicht ausdrücklich. Aber auch hier wird man davon auszugehen haben, dass Bodenerhöhungen, die das Geländeniveau eines Nachbargrundstücks nicht erreichen, für dieses im Allgemeinen keine Gefahr darstellen, sodass Schutzmaßnahmen nicht veranlasst sind.

2.2 Welche Schutzmaßnahmen können verlangt werden?

2.2.1 Der Schutzumfang

Eine Bodenerhöhung darf nur so vorgenommen werden, dass Schädigungen von Nachbargrundstücken nach menschlicher Voraussicht ausgeschlossen sind. Bei der Frage, welchen Schäden auf Nachbargrundstücken vorgebeugt werden soll, sind die Ländervorschriften uneinheitlich.

Weite Fassung

Für eine weite Fassung haben sich

  • Berlin,
  • Brandenburg,
  • Nordrhein-Westfalen,
  • Rheinland-Pfalz,
  • das Saarland,
  • Sachsen,
  • Sachsen-Anhalt und
  • Thüringen

entschieden, die nicht nur den Schutz von Nachbargrundstücken vor Bodenbewegungen, etwa durch Abrutschen oder Abschwemmen des Bodens bei Regen, garantiert, sondern auch vor sog. negativen Einwirkungen schützt, wie etwa Schattenwirkungen, die die Vegetation eines Nachbargrundstücks beeinträchtigen, oder Frostschäden an benachbarten Rebstöcken durch einen sog. Kaltluftsee. Dieser Schutz geht weiter, als der sonst nach § 906 BGB gewährte, bei dem sog. negative Immissionen nicht abgewehrt werden können.[1]

Enge Fassung

Dagegen haben sich

  • Baden-Württemberg,
  • Niedersachsen
  • und Schleswig-Holstein

für eine enge Fassung entschieden, die ausdrücklich Nachbargrundstücke nur vor Schädigungen durch Erdbewegungen (Niedersachsen und Schleswig-Holstein) bzw. vor Absturz oder Pressung des Bodens (Baden-Württemberg) schützt.

2.2.2 Die zu ergreifenden Maßnahmen

Welche Maßnahmen im Einzelnen zu treffen sind, um eine Schädigung von Nachbargrundstücken auszuschließen, schreiben die Landesgesetze nicht vor. Sie lassen vielmehr dem Verpflichteten die Wahl der zu ergreifenden Maßnahmen. So kann mit der Bodenerhöhung ein Abstand zum Nachbargrundstück eingehalten werden, der so groß ist, dass abrutschendes Erdreich nicht auf das Nachbargrundstück gelangt und sich auf dem eigenen Grund...

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