Weil Klagen, mit denen die Personenschutzgrenzwerte der 26. BImSchV in Zweifel gezogen wurden, nicht zum Erfolg führten, wurde zunehmend versucht, die Errichtung von Mobilfunkbasisstationen mithilfe des Baurechts zu verhindern. Jedoch nicht immer mit Erfolg.

Bauliche Anlagen

Mobilfunkbasisstationen bestehen aus einem Antennenmast mit den charakteristischen senkrechten Sendeelementen (Sektorantennen) und der dazugehörigen Versorgungseinheit. Diese kann in einem eigenen Technikhäuschen neben dem Antennenmast, auf dem Flachdach eines Gebäudes oder in einem Speicher- oder Kellerraum untergebracht sein. Die Mobilfunkbasisstationen sind untereinander quasi wabenförmig per Richtfunk verbunden und stellen in ihrer Gesamtheit das Versorgungsnetz des jeweiligen Netzbetreibers dar. In dieser Konfiguration sind Mobilfunkbasisstationen bauliche Anlagen im Sinne der Landesbauordnungen und wegen ihrer Auswirkungen auf die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes (städtebauliche Relevanz) auch Vorhaben im Sinne des Bauplanungsrechts.[1]

Konflikte

Je nach Bedarf befinden sich die Antennen an freistehenden Masten, auf Dächern oder in Kirchtürmen. Konflikte treten gehäuft auf, wenn Mobilfunkbasisstationen innerhalb von reinen oder allgemeinen Wohngebieten auf bestehenden Gebäuden errichtet werden.

[1] § 29 BauGB.

4.1 Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Mobilfunkbasisstationen

Im Streit um die Zulassung einer Mobilfunkbasisstation spielt der Baugebietstyp, in dem die Sendeanlage errichtet werden soll, die entscheidende Rolle.

Reine Wohngebiete

In reinen Wohngebieten ist eine Mobilfunkbasisstation, die bezogen auf das gesamte infrastrukturelle Versorgungsnetz eine untergeordnete Funktion hat, nach der Rechtsprechung des BVerwG eine fernmeldetechnische Nebenanlage im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO.[1] Eine solche Anlage kann auf der Grundlage einer Ausnahmegenehmigung nach dieser Vorschrift zugelassen werden. Eine Anlage dagegen, die von ihrer Funktion und Bedeutung her so gewichtig ist, dass sie als eigenständig und damit als Hauptnutzung anzusehen ist, kann sich nicht auf das Privileg des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO berufen. Eine solche Anlage ist als Bestandteil eines gewerblich betriebenen Mobilfunknetzes ihrerseits eine gewerbliche Nutzung, die in einem reinen Wohngebiet nicht zugelassen werden darf.

Allgemeine Wohngebiete

In allgemeinen Wohngebieten können Mobilfunkbasisstationen entweder als fernmeldetechnische Nebenanlagen im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden, wenn sie bezogen auf das gesamte infrastrukturelle Versorgungsnetz eine untergeordnete Funktion haben.

Wenn das nicht der Fall ist, bedürfen sie als nicht störende gewerbliche Anlagen einer Ausnahmegenehmigung nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO.[2]

Übrige Baugebiete

In den übrigen Baugebieten sind Mobilfunkbasisstationen allgemein zulässig. Das betrifft unter anderem Mischgebiete, Dorfgebiete, Kerngebiete und natürlich auch Gewerbegebiete.

[1] So BVerwG, Beschluss v. 3.1.2012, 4 B 27/11, NVwZ 2012 S. 579.
[2] Vgl. VGH München, Urteil v. 9.8.2007, 25 B 05.1339, BauR 2007 S. 1108.

4.2 Baurechtlicher Nachbarschutz

Zur Begründung von Baunachbarklagen gegen Mobilfunkbasisstationen bieten sich im Wesentlichen die folgenden Argumente an.

Gebietserhaltungsanspruch

Der Gebietserhaltungsanspruch ist der Anspruch der Eigentümer von Grundstücken in einem Bebauungsplangebiet, dass bei der Errichtung eines Bauvorhabens in dem Gebiet die Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung beachtet werden. Mit diesem Anspruch soll eine schleichende Verfremdung des Baugebiets verhindert werden. Derselbe Nachbarschutz besteht auch im unbeplanten Innenbereich, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO entspricht. Insgesamt geht es beim Gebietserhaltungsanspruch darum, dass in reinen und allgemeinen Wohngebieten eine ungewollte Häufung von nur ausnahmsweise zulässigen Mobilfunkbasisstationen verhindert wird.

Gebot der Rücksichtnahme

Das sich einerseits aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und andererseits aus § 34 Abs. 1 BauGB ergebende Gebot der Rücksichtnahme bedeutet die Pflicht, bei der Durchführung eines Bauvorhabens auf die schutzwürdigen Interessen anderer Nutzungsberechtigter Rücksicht zu nehmen und sie keinen unzumutbaren Störungen auszusetzen. Insbesondere im Hinblick auf mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen kann bei Vorliegen einer Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur für eine Mobilfunkbasisstation nicht von einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots ausgegangen werden. Eine Verletzung dieses Gebots ist aber denkbar, wenn sich eine Mobilfunkbasisstation nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung einfügt. Auch dürfen ausnahmsweise zugelassene Anlagen keine prägende Wirkung auf reine oder allgemeine Wohngebiete haben. Für eine erste und einzige Mobilfunkbasisstation in einem faktischen reinen Wohngebiet hat der VGH München eine derartige prägende Wirkung verneint. Eine Mitprägung des Baugebiets wäre seiner Meinung nach nur bei einer Massierung von derartigen Anlagen innerhalb eines Baugebiets denkbar.[1]

Op...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge