Leitsatz

Ein Wohnungseigentümer kann nach Stimmabgabe bei einem schriftlichen Beschluss vor Verkündung des Abstimmungsergebnisses seine Stimmabgabe ändern.

 

Normenkette

WEG §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer K klagt gegen Wohnungseigentümerin B. Sie streiten über die Verpflichtung der B, in ihrer im Dachgeschoss gelegenen Wohnung durch geeignete bauliche Maßnahmen einen bestimmten, vor Umbaumaßnahmen bestehenden Tritt- und Luftschallschutz herzustellen, eine von B neu errichtete Gaube mit vorgelagerter Loggiafläche zu beseitigen und den vorherigen Zustand wieder herzustellen, es zu unterlassen, einen "Abstellraum" als Wohn- und Aufenthaltsraum zu nutzen und K von möglichen Ansprüchen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wegen Kostenerstattung in Höhe von 1.796,08 EUR für die Erstellung eines Gutachtens freizustellen.
  2. Das Amtsgericht weist die Anträge ab. Die von B im Zuge der Umbaumaßnahmen entfernten Teile des Bodenaufbaus (Pressspanplatte, PVC-Linoleum-Schicht und Kunststofflaminat) hätten nicht im gemeinschaftlichen Eigentum gestanden, weshalb deren Entfernung keine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG dargestellt habe. Die auf der Holzbalkendecke und den darauf genagelten Bodenbrettern ("Rauspund") verlegten Materialien gehörten zum Bodenbelag, der dem Sondereigentum zuzurechnen sei. Durch den Austausch des Bodenbelags sei K kein über das bei geordnetem Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG entstanden. Dahinstehen könne, welche Anforderungen an ein Gebäude des Baujahrs 1909 hinsichtlich des Schallschutzes zu stellen seien, da nach dem eingeholten Sachverständigengutachten der gemessene Trittschallpegel von 61 dB den Mindesttrittschallpegel der DIN 4109 (1962) von 63 dB um 2 dB unterschreite. Den Luftschallpegel habe der Sachverständige zwar nicht gemessen, er sei aber zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass allein wegen der zusätzlichen Massen des Bodenbelags die Luftschalldämmung besser als vorher sei. K habe auch keinen Anspruch auf Rückbau der Gaube und der vorgelagerten Loggiafläche, da deren Errichtung durch einen Beschluss im schriftlichen Verfahren genehmigt worden sei. Zwar habe Wohnungseigentümer T mit "Nein" gestimmt und erst nach Ende des Umlaufverfahrens dann mit "Ja" gestimmt. Dies sei aber unerheblich. Ferner sei die Zustimmung des Wohnungseigentümers S mit Telefax möglicherweise nicht formwirksam. Dies führe jedoch allenfalls zur Anfechtbarkeit des Beschlusses. B habe den Anspruch auf Auskunft bzw. Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung durch Vorlage der Bauplanzeichnung, einer Umbaubeschreibung sowie einer statischen Unbedenklichkeitsbescheinigung erfüllt. Auch der Unterlassungsanspruch sei unbegründet. K vermute lediglich, dass der Abstellraum einer Nutzung als Aufenthaltsraum zugeführt werden solle, weil ein direkter Zugang von der Wohnung geschaffen worden sei. Für den Anspruch auf Freihaltung fehle es schließlich an einer Anspruchsgrundlage. Das Gutachten sei von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Auftrag gegeben worden.
  3. Gegen dieses Urteil führt K die Berufung. Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

Tritt-/Luftschallschutz

  1. Im Bereich des Fußbodens habe B nicht in die Konstruktion der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Geschossdecke eingegriffen, aus dem sich nachhaltige Auswirkungen auf die Gebäudesubstanz ergäben.
  2. Die Entfernung der auf der als Holzbalkendecke ausgeführten Geschossdecke des im Jahr 1909 errichteten Gebäudes vorhandenen Fußbodenbeläge (Laminat, PVC- oder Linoleumbelag nebst Spanplatte) und die Verlegung von Eichenparkett mit einer Stärke von 22 mm auf der alten Geschossdecke habe nicht zu einem das Maß des § 14 Ziffer 1 WEG übersteigenden Nachteil K geführt. Der zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes im Jahr 1909 geltende Schallschutz (hier: auch der Schallschutz gemäß DIN 4109 (1962)) werde eingehalten. K habe keinen Anspruch darauf, dass der vor der Umbaumaßnahme vorgefundene Schallschutz beibehalten werde.
  3. Werde der in einem Sondereigentum vorhandene Fußbodenbelag durch einen anderen ersetzt, richte sich der zu gewährende Schallschutz grundsätzlich nach der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Ausgabe der DIN 4109, sofern sich nicht ein höheres einzuhaltendes Schallschutzniveau aus der Gemeinschaftsordnung ergebe (Hinweis unter anderem auf BGH v. 27.2.2015, V ZR 73/14, NJW 2015 S. 1442 Rn. 7 und BGH v. 1.6.2012, V ZR 195/11, NJW 2012 S. 2725 Rn. 11). Das Schallschutzniveau bestimme sich grundsätzlich nach den Werten der maßgeblichen DIN 4109 und nicht nach der Lästigkeit der Geräusche (Hinweis auf BGH v. 27.2.2015, V ZR 73/14, NJW 2015 S. 1442 Rn. 17). Es gebe keinen allgemeinen Anspruch auf Beibehaltung eines vorgefundenen, die Mindestanforderungen überschreitenden Schallschutzes (Hinweis auf BGH v. 27.2.2015, V ZR 73/14, NJW 2015 S. 1442 Rn. 7 und BGH v. 1.6.2012, V ZR 195/11, NJW 2012 S. 2725 Rn. 15). Bei Eingriffen in den unter dem Belag liegenden Estric...

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