Rz. 155

Nach der BRAGO konnte es häufiger vorkommen, dass im Laufe eines Verfahrens die Vergütung aus einzelnen Gebührentatbeständen bereits verjährt war und dann später aber wieder erneut ausgelöst wurde. Solche Fälle sind nach dem RVG infolge der Einführung des Abs. 2 seltener, aber dennoch denkbar.

 

Rz. 156

Hierbei ist allerdings zu beachten, dass es sich noch um dieselbe Angelegenheit handeln muss. Die weitere Tätigkeit darf nicht aufgrund eines neuen Auftrags erfolgen. Dann gilt vielmehr § 15 Abs. 5 S. 2.

 

Beispiel: Der Anwalt wird beauftragt, außergerichtlich eine Forderung geltend zu machen. Nach kurzer Zeit, im Oktober 2015, erklärte der Mandant, die Sache nicht weiter verfolgen zu wollen; der Anwalt solle die Sache abschließen und ihm die Rechnung schicken. Im Januar 2018 beauftragte der Mandant den Anwalt erneut mit der außergerichtlichen Durchsetzung seiner Forderung, da er zwischenzeitlich neue Unterlagen aufgefunden habe.

Die erste außergerichtliche Tätigkeit war beendet, so dass die Vergütung hierfür (VV 2300 nebst Auslagen) im Oktober 2015 fällig wurde und mit Ablauf des Jahres 2019 verjährt war. Dadurch, dass der Anwalt nach Ablauf von zwei Kalenderjahren einen neuen Auftrag erhalten hat, gilt das weitere Verfahren nach § 15 Abs. 5 S. 2 als neue Angelegenheit. Der Anwalt erhält daher die Vergütung für die außergerichtliche Tätigkeit (VV 2300 nebst Auslagen) erneut.

Da es sich um zwei verschiedene Angelegenheiten handelt, ergeben sich hier hinsichtlich der Verjährung keine Besonderheiten. Die Fälligkeit und Verjährung der jeweiligen Vergütungen sind unabhängig voneinander gesondert zu bestimmen.

Die Vergütung der ersten außergerichtlichen Vertretung ist und bleibt bei erneutem Auftrag verjährt.

 

Rz. 157

Anders verhält es sich dagegen, wenn immer noch dieselbe Angelegenheit vorliegt.

 

Beispiel: Das LG hat das Verfahren im November 2014 zum Ruhen gebracht. Im Oktober 2018 wird das Verfahren wieder aufgenommen und schließlich schriftsätzlich in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, worauf das Gericht im schriftlichen Verfahren eine Kostenentscheidung erlässt.

Die bis zum Ruhen des Verfahrens entstandene Vergütung ist nach Abs. 1 S. 2, 3. Var. im Februar 2015 fällig geworden. Gleichzeitig lief nach zutreffender Auslegung die Verjährung nach weiteren drei Monaten, so dass im Juli 2015 die Verjährung zu laufen begann und im Juli 2018 abgelaufen ist. Damit wäre vor Fortsetzung des Verfahrens im Oktober 2018 die bisher entstandene Vergütung verjährt. Infolge der Fortsetzung des Verfahrens wurde die 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100 jedoch wieder erneut ausgelöst. Die Terminsgebühr nach VV 3104 wurde dagegen nicht mehr ausgelöst werden.

 

Rz. 158

In solchen Fällen gilt Folgendes:

Hinsichtlich sämtlicher Vergütungsansprüche, die über drei Kalenderjahren fällig geworden sind und deren Verjährung nicht gehemmt ist, tritt Verjährung ein, so dass sich der Auftraggeber auf die Einrede der Verjährung berufen kann.[105]
Hinsichtlich derjenigen Vergütungsansprüche, deren Gebührentatbestände nach Ablauf der Verjährungsfrist erneut ausgelöst worden sind, kann der Anwalt die Vergütung fordern, da die Vergütung mit Verwirklichung des Gebührentatbestandes jederzeit wieder erneut ausgelöst wird.[106]
 

Fortsetzung zu Beispiel Rdn 157: Da die Verfahrensgebühr nebst Auslagen nach Fortsetzung erneut ausgelöst worden ist, kann der Anwalt diese Gebühr nebst Auslagen (wieder) fordern, auch wenn der Mandant sich auf Verjährung beruft. Die Terminsgebühr kann er dagegen nicht mehr geltend machen, wenn der Auftraggeber die Einrede der Verjährung erhebt, da dieser Tatbestand nicht erneut ausgelöst worden ist.[107]

[105] OLG Köln JurBüro 1993, 345.
[106] OLG Köln JurBüro 1993, 345.
[107] OLG Köln JurBüro 1993, 345.

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