Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflichten eines mit der Lohnbuchhaltung beauftragten Steuerberaters bei unklarem Rentenbezug eines Beschäftigten

 

Normenkette

BGB § 280

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 12. April 2018 - 4 O 113/17 LG Flensburg - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Höhe eines über den ausgeurteilten Betrag hinausgehenden weiteren Betrages von 2.544,82 EUR die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt wird.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Jedoch kann die Beklagte die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Steuerberaterhaftung in Anspruch.

Die Klägerin ... beauftragte die Beklagte im Januar 2011 mit steuerberaterischen Dienstleistungen. In diesem Zusammenhang sollte die Beklagte u. a. im Rahmen der Lohnbuchhaltung die buchhalterische Ersteinrichtung neuer Arbeitnehmer sowie die monatlichen Lohn- und Gehaltsabrechnungen der Arbeitnehmer der Klägerin vornehmen. Ab dem 1. Januar 2015 übernahm von der Beklagten eine X. GmbH, welcher die Beklagte in diesem Rechtsstreit den Streit verkündet hat, das Mandat.

Bei dem seit dem 1. März 2013 bei der Klägerin neu beschäftigten R., geboren am 6. November 1947, unterblieb jedenfalls in der Zeit vom 1. März 2013 bis 31. Dezember 2015 die Abführung von Arbeitnehmeranteilen zur Rentenversicherung durch die Klägerin. Dies beanstandete die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen einer in der Zeit vom 13. Mai 2016 bis 15. Dezember 2016 durchgeführten Betriebsprüfung. Fälschlicherweise sei Herr R. als beschäftigter Altersrentner (Regelaltersrente) abgerechnet worden, obgleich dieser Mitarbeiter tatsächlich keine Vollrente wegen Alters bezogen habe. Mit Bescheid vom 23. Dezember 2016 (K3, Bl. 35 ff. d. A.) setzte die Deutsche Rentenversicherung die nachzuentrichtenden Arbeitnehmeranteile zur Rentenversicherung für das Jahr 2013 auf 5.481,00 EUR, für das Jahr 2014 auf 6.747,36 EUR und für das Jahr 2015 auf 6.788,16 EUR fest. Ferner wurden Säumniszuschläge für den Zeitraum März 2013 bis Dezember 2015 in Höhe von 5.387,00 EUR festgesetzt.

Im ersten Rechtszug hatte die Klägerin - was die Beklagte beanstandet hatte - keine Einzelheiten dazu vorgetragen, welche Informationen sie betreffend Herrn R. der Beklagten übermittelt hatte. Auch im zweiten Rechtszug unterblieb zunächst eine entsprechende Ergänzung des Sachvortrags trotz entsprechender Auflage in der Terminsverfügung vom 19. Juli 2018. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat konnte die Klägerin jedoch einerseits einen derzeit verwendeten Personalfragebogen der DATEV vorlegen wie auch zum anderen ein Mail ihrer seinerzeit für Herrn R. zuständigen Mitarbeiterin an die Beklagte, laut dessen seinerzeit nur die Angaben "Geburtsdatum: XXX.", "SV-Nummer: XXX", "Vers.-Nummer: XXX" und "Krankenkasse: XXX" übermittelt worden waren (Bl. 252 d.A.).

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin eine Pflichtverletzung aus Steuerberatervertrag hinreichend dargelegt hat, ob sie sich entsprechend der Argumentation der Beklagten ein Mitverschulden anrechnen lassen muss und ob - insoweit hat die Beklagte bereits erstinstanzlich die Verjährungseinrede erhoben - ein etwaiger Schadensersatzanspruch verjährt ist. Des Weiteren hat die Beklagte erstinstanzlich eine Hilfsaufrechnung erklärt mit unstreitigen Honorarforderungen in Höhe von 2.544,82 EUR (Rechnungsnummern 1218, 1219, 1229, 1230 sowie 430 und 429; Schriftsatz vom 13. Februar 2018 (Bl. 91 ff. d. A.)). Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht diesen Betrag anerkannt und den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt.

Das Landgericht, auf dessen Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hinsichtlich weiterer Einzelheiten verwiesen wird, hat die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 24.403,52 EUR nebst Zinsen abzüglich aufgerechneter 2.544,82 EUR, ausmachend 21.858,70 EUR, nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Januar 2017 verurteilt. Die Klägerin habe eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung hinreichend dargelegt. Denn selbst wenn es der Beklagten an benötigten Informationen gefehlt hätte, wäre es an ihr gewesen, diese von der Klägerin unter entsprechendem Hinweis nachzufordern. Zudem müsse die Klägerin sich kein Mitverschulden zurechnen lassen, da sie nicht den Steuerberater zu kontrollieren habe. Auch habe der Mandatswechsel zur X. GmbH nicht zu einem Freiwerden der Beklagten von der Verantwortung für den noch fortwirkenden Fehler geführt. Von Verjährung könne deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Anspruch erst mit dem Zugang des Nachforderungsbescheids des Rentenversicherungsträgers entstanden sei.

Gegen dieses Urteil wendet s...

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