Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflichten des linksabbiegenden Kfz-Führers

 

Normenkette

StVG §§ 7, 11, 17-18; StVO § 5 Abs. 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Urteil vom 01.11.2012)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten - das am 1.11.2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Lübeck teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 50.000 EUR (Schmerzensgeld) nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 5.11.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.321,44 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 15.4.2011 zu zahlen, sowie 3.364,73 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 30.10.2011 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin 70 % der materiellen Schäden, die ihr zukünftig aus dem Verkehrsunfall vom 25.4.2010 gegen 15.15 Uhr auf der Bundesstraße ... zwischen L und H entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen; es wird weiter festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, zukünftige immaterielle Schadensersatzansprüche der Klägerin aufgrund des Unfallereignisses unter Berücksichtigung eines Mitverursachungsanteiles der Klägerin von 30 % zu ersetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, die weiter gehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Beklagten 90 % und die Klägerin 10 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch auf materiellen und immateriellen Schadensersatz sowie Feststellung aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 25.4.2010 gegen 15.15 Uhr auf der B. zwischen L und H - außerhalb geschlossener Ortschaft - in Höhe ... in Anspruch. Die Klägerin legt dabei eine Haftungsquote von 70 % zu Lasten der Beklagten zugrunde, sie selbst lässt sich einen Mitverursachungsanteil von 30 % anrechnen.

Unfallbeteiligt waren die Klägerin mit ihrem Motorrad ..., seinerzeitiges amtliches Kennzeichen:... sowie die Beklagte zu 1) als Fahrerin des von dem Beklagten zu 2) gehaltenen und bei der Beklagten zu 3) versicherten Pkw Opel Corsa, amtliches Kennzeichen ...

Im Bereich der Unfallstelle herrscht eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h, die Beklagte zu 1) fuhr an erster Stelle einer (kleinen) Kolonne, hinter ihr fuhren die Zeugen S und M, jeweils mit einem Pkw, an vierter Stelle die Klägerin mit ihrem Motorrad.

Die Beklagte zu 1) beabsichtigte, nach links in die Grundstücksauffahrt eines Reiterhofes abzubiegen. Insoweit ist zweitinstanzlich unstreitig, dass die Beklagte zu 1) vor Erreichen der Grundstücksauffahrt den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt hatte, verlangsamte und abbog, ohne aber zuvor angehalten zu haben. Die weiteren Einzelheiten sind streitig. Jedenfalls kam es im Bereich der Gegenfahrbahn zur Kollision mit dem überholenden Motorrad der Klägerin. Diese kollidierte etwa in Höhe der A-Säule mit dem abbiegenden Opel; die Klägerin wurde über die Motorhaube geschleudert; sie durchschlug einen neben der Zufahrt zum Reiterhof befindlichen Zaun, kam dahinter "im Grünen" zum Liegen und wurde von dem nachfolgenden Pkw überrollt. Sie erlitt schwerste Verletzungen, u.a. ein Polytrauma mit ausgeprägter Kontusion der Leber, einen Pneumothorax rechts mit Rippenserienfraktur rechts und Lungenkontusion rechts, eine offene Sprunggelenksfraktur links, eine distale Radiusfraktur links, ein Unterschenkeldecollement rechts und eine Weichteilverletzung der linken Leiste, eine Fraktur der Transversalfortsätze LWK 1 bis 3 links, eine dislozierte Humerusschaftfraktur rechts mit Oberarmplexus-Läsion und weitere Verletzungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Arztbericht des UKSH vom 16.6.2010 (Bl. 48-51 d.A.) Bezug genommen. Schon während ihres mehr als zweiwöchigen Aufenthalts auf der Intensivstation musste die Klägerin mehrfach operiert werden, insgesamt lag sie bis zum 24.6.2010 stationär im UKSH, anschließend bis zum 5.8.2010 stationär im Klinikum Bad Bramstedt. Auch in der Folgezeit schlossen sich noch diverse Operationen an.

Die Klägerin war bis zum Unfallzeitpunkt als Altenpflegerin tätig, mittlerweile ist sie als vorläufig erwerbsunfähig verrentet, übt nebenbei einen sog. 400-Euro-Job bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber als Medikamen...

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