Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages nach Widerspruch des Versicherungsnehmers gem. § 5a VVG a.F.

 

Normenkette

VVG a.F. § 5a; BGB § 812; ZPO § 287 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Flensburg (Urteil vom 26.04.2013)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Flensburg vom 26.4.2013 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.905,99 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.9.2012 zu zahlen. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 30 % und die Beklagte 70 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages, der im Wege des sog. Policen-Modells (§ 5a VVG a.F.) geschlossen worden ist.

Mit Antrag vom 11.8.1994 (Anlage K 2, Bl. 33) beantragte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der X-Lebensversicherung AG, den Abschluss einer privaten Rentenversicherung. Der Antrag enthält in 7 pt-Schriftgröße den Hinweis, dass der Vertrag "erst dann als geschlossen gilt, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins schriftlich widersprechen". Den Antrag nahm die X mit Schreiben vom 17.8.1994 (Anlage K 4, Bl. 35) an und übersandte ihm anbei den Versicherungsschein nebst Bedingungen und Kundeninformation. In dem Anschreiben, das fünf Absätze enthält, heißt es im zweiten Absatz in der auch sonst verwandten Schrifttype im fortlaufenden Text:

Der Vertrag gilt erst dann als geschlossen, wenn Sie ihm nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieses Schreibens schriftlich widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs an uns.

Der Kläger zahlte daraufhin den Einmalbetrag von 8.521 DM (= 4.356,72 EUR) bei der X ein. Mit einem Schreiben vom 31.3.2012 (Anlage K 9, Bl. 51), ein knappes halbes Jahr vor dem vertragsgemäßen Beginn der vereinbarten Rentenzahlungen zum 1.9.2012, wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er statt der Rentenzahlung auch eine Kapitalabfindung beantragen könne. Das beantragte der Kläger unter dem 29.4.2012 (Anlage K 10, Bl. 53). Mit Schreiben vom 22.8.2012 (Anlage K 11, Bl. 54) rechnete die Beklagte den Vertrag wie folgt ab:

Kapitalabfindung

7.563 EUR

Leistung aus der Überschussbeteiligung

2.599,01 EUR

Policendarlehen

0 EUR

Kapitalertragssteuern

1.410,47 EUR

Solidaritätszuschlag

77,58 EUR

Auszahlungsbetrag

8.673,96 EUR

Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag führte sie an das Finanzamt ab, den errechneten Betrag zahlte sie an den Kläger aus.

Mit Anwaltsschreiben vom 10.9.2012 (Anlage K 12, Bl. 57) ließ der Kläger den Widerspruch gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrags erklären und verlangte rückabwicklungshalber die Zahlung weiterer 6.954,66 EUR: Neben dem eingezahlten Betrag (von 4.356,72 EUR) habe ihm die Beklagte den Ertrag zu erstatten, den sie mit seiner Einzahlung erwirtschaftet habe und welcher sich - bei einer angeblich marktüblichen Verzinsung von jedenfalls 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - auf 11.271,90 EUR belaufe (Der Forderungsbetrag ergibt sich aus der Summe dieser beiden Beträge abzgl. ausgezahlter 8.673,96 EUR).

Nach Weigerung der Beklagten hat der Kläger den nämlichen Betrag, ergänzt um einen hilfsweisen Auskunftsanspruch, klagweise geltend gemacht. Er hat gemeint, die Widerspruchsbelehrung sei unzureichend schon deshalb, weil sie drucktechnisch nicht hinreichend hervorgehoben sei. Da deswegen der Lauf der Frist nicht ausgelöst worden sei, habe er ein fortwährendes Widerspruchsrecht, dem auch nicht die Jahresfristregelung aus § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. entgegenstehe, da diese Bestimmung europarechtswidrig und daher unwirksam sei. Hilfsweise hat er sein Zahlungsbegehren auf den Mindestrückkaufswert gestützt.

Die Beklagte hat die Widerspruchsbelehrung für ausreichend gehalten und gemeint, nach mehr als 18 Jahren und nach der Abwicklung des Vertrages sei das Widerspruchsrecht verwirkt.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Der Widerspruch des Klägers sei nicht rechtzeitig erfolgt. Der Kläger sei in dem Policen-Begleitschreiben inhaltlich ordnungsgemäß und in drucktechnisch deutlicher Form über sein Widerspruchsrecht belehrt worden. Im Übrigen sei im vorliegenden Fall das Widerspruchsrecht auch verwirkt; nach 18 Jahren und der Erfüllung der wechselseitigen Verpflichtung durch die Auszahlung der Kapitalabfindung habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass der Kläger von einem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch mehr machen werde.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Er rügt, von einer hinreichend deutlichen Belehrung könne keine Rede sein; im vorliegenden Fall sei überhaupt nichts drucktechnisch deutlich gestaltet, nichts hervorgehoben oder fett gedruckt oder in sonstiger Weise besonders deutlich kenntlich gemacht. Anschreiben wie das der Beklagten würden von einem rechtsunkundigen Versicheru...

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