Entscheidungsstichwort (Thema)

Standzeit vor Erstzulassung als Mangel beim Gebrauchtwagenkauf

 

Leitsatz (amtlich)

Ob beim Gebrauchtwagenverkauf ein Sachmangel des Fahrzeugs nach § 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BGB wegen einer nicht offen gelegten Abweichung zwischen Herstellungsdatum und Erstzulassung vorliegt, muss - soweit es sich nicht um einen Jahreswagen, sondern um ein bereits älteres Fahrzeug handelt - im Einzelfall unter Berücksichtigung des Fahrzeugalters, insbesondere der Dauer seiner Zulassung im Verkehr, bestimmt werden. Beim Verkauf eines ca. 2 Jahre und 9 Monate bereits zugelassenen Cabrios mit einem km-Stand von 19.500 ist eine Standzeit von 14 Monaten zwischen Herstellungsdatum und Erstzulassung noch kein Mangel.

 

Normenkette

BGB § 434 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 15.02.2007; Aktenzeichen 7 O 280/06)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.2.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des LG Itzehoe wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagten - die Beklagte zu 2) als Komplementärin der Beklagten zu 1) - nach Rücktritt vom Kauf eines gebrauchten Pkw's in Anspruch. Er hat die Auffassung vertreten, dieses Fahrzeug weise deshalb einen Sachmangel auf, weil in dem Kaufvertrag (schriftliche Auftragsbestätigungen der Beklagten zu 1) vom 1. bzw. 11.11.2005) ein Erstzulassungsdatum vom 25.3.2003 genannt sei, während das Fahrzeug tatsächlich bereits am 8.1.2002 hergestellt worden sei.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz und ihrer dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil ein Sachmangel i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht vorliege. Zwar gehöre zur vereinbarten Beschaffenheit auch bei Gebrauchtfahrzeugen, dass sie nicht sehr viel früher hergestellt worden seien, als das Datum der Erstzulassung ausweise. Würden die Vertragsparteien ein solches Datum in den Kaufvertrag über das Gebrauchtfahrzeug aufnehmen, liege darin die konkludente Vereinbarung, dass das Datum der Herstellung jedenfalls nicht mehrere Jahre von dem der Erstzulassung abweiche. Hier lägen Herstellungsdatum und Zeitpunkt des Vertrages mit dem Erstkäufer etwa 13 Monate auseinander, Herstellungsdatum und Erstzulassung weniger als 15 Monate. Dieser Zeitraum sei noch nicht als derart schwerwiegend anzusehen, dass bei seinem Verschweigen von einem Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung gesprochen werden könne. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass bei dem Verkauf eines Neuwagens die Maßstäbe insgesamt strenger zu sehen seien. Hier gehe es aber um einen Gebrauchtwagen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers, mit der er geltend macht:

Er habe zwischenzeitlich das streitbefangene Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 17.400 EUR veräußert. Der Differenzbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und dem erstinstanzlich geltend gemachten Rücknahmewert von 27.978,50 EUR werde nunmehr gefordert.

Das LG habe einen Sachmangel zu Unrecht verneint. Zur Beantwortung der Frage, ab welchem Zeitraum bei dem Auseinanderfallen des Herstellungsdatums von der Erstzulassung ein Sachmangel vorliege, sei eine Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen. Hier müsse ein Sachmangel bejaht werden. Das Herstellungsdatum eines Kraftfahrzeuges sei maßgeblich für den Wert desselben von Bedeutung. Werde ein Kraftfahrzeug über längere Zeit zwischen Herstellung und Verkauf gelagert, sei es während dieses Zeitraumes einem Alterungsprozess ausgesetzt. Das führe zu einem beschleunigten Wertverlust in der Folgezeit, weil sich durch die Standzeit der Zeitraum zwischen dem Erwerb und dem Sichtbarwerden der Reaktionsergebnisse der Materialien mit der Umwelt aber auch des Verschleißes der nicht regelmäßig gewarteten mechanischen Systeme beschleunige. Bei einer Standzeit von 12 Monaten werde mindestens 10 % der mutmaßlichen Nutzungsdauer eines Pkw's bereits erreicht. Dessen Wertverlust beruhe zu je 50 % auf dem Alter und der bisherigen Laufleistung.

Berücksichtige man auf der anderen Seite die Verkäuferinteressen, so müsse bedacht werden, dass der Lagerverkauf und das Vorhalten von Lagerfahrzeugen heutzutage nicht mehr geschäftsüblich sei. Der Zeitraum zwischen Bestellung und Produktion eines Kraftfahrzeuges sei zumeist auf wenige Wochen minimiert. Dann aber hätten die Interessen des Käufers hier mehr Beachtung finden müssen, als dies seitens des LG geschehen sei. Zumindest bei Neufahrzeugen werde allgemein von einem Mangel ausgegangen, wenn das Fahrzeug ein Jahr oder länger gestanden habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass ein solches innerhalb der ersten vier Jahre bis zu 60 % an Wert verliere. In einer neuesten Entscheidung betreffend den Verkauf eines Jahreswagens habe der BGH ausgeführt, dass die vor der Erstzulassung liegende Standdauer des Fahrzeugs als wertbildender ...

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