Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Tierhaltereigenschaft des Inhabers einer Reitbeteiligung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Inhaber einer Reitbeteiligung ist für die Zeit der Überlassung des Pferdes an ihn Tierhüter und nicht Tierhalter.

2. Anforderungen an den jeweiligen Entlastungsbeweis des Tierhalters und des Tierhüters, wenn im Rahmen einer Reitbeteiligung ein Schaden verursacht worden ist.

 

Normenkette

BGB §§ 833-834

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 09.05.2006; Aktenzeichen 3 O 398/04)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Beklagten wird das am 9.5.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Itzehoe teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch als Halterin (Beklagte zu 1.) und Hüterin (Beklagte zu 2.) des Island-Ponys "M." auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens aufgrund eines Reitunfalles in Anspruch.

Die zum Unfallzeitpunkt 47 Jahre alte Klägerin erlitt diesen Unfall am 18.1.2004 auf der Reitbahn des "H.-Hofes"; sie bzw. das von ihr gerittene Island-Pony "F." stieß mit dem von der Beklagten zu 2. gerittenen Island-Pony zusammen. Die Klägerin stürzte vom Pferd, wobei sie entweder durch die Kollision direkt oder durch den Sturz eine Oberschenkelfraktur erlitt; an den Folgen der Verletzung leidet die Klägerin noch heute.

Der "H.-Hof" wird als Reiterhof von der Beklagten zu 1. betrieben, die unfallbeteiligten Ponys stehen bzw. standen im Eigentum der Beklagten zu 1. Sie nutzt diese Tiere gewerblich, sowohl die Klägerin als auch die Beklagte zu 2. ritten die Ponys im Rahmen einer Reitbeteiligung. Die zum Umfallzeitpunkt 13 Jahre alte Beklagte zu 2. war seit Bestehen der Reitbeteiligung im Dezember 2003 berechtigt, das Pferd "M." gegen Zahlung eines Betrages von 25 EUR monatlich bzw. gegen Stalldienst an einem Tag in der Woche eigenverantwortlich zu nutzen. Die Reitbeteiligung der Klägerin an dem Pferd "F." war entsprechend ausgestaltet.

Die Klägerin und die Beklagte zu 2. ritten unmittelbar vor dem Unfall auf der sog. Ovalbahn, die Klägerin ritt im Uhrzeigersinn, die Beklagte zu 2. gegen den Uhrzeigersinn. In einer Entfernung von rd. 160m von dem von der Klägerin gerittenen Pony ging das von der Beklagten zu 2. gerittene Pony durch. Der Beklagten zu 2. gelang es nicht, das Pony unter Kontrolle zu bringen; in letztlich nicht aufklärbarer Form kollidierten beide Tiere.

Das LG hat der auf Zahlung von Schmerzensgeld mit einer Mindestvorstellung von 10.000 EUR und Zahlung materiellen Schadens i.H.v. 7.028,97 EUR gerichteten Klage dem Grunde nach vollen Umfanges stattgegeben, lediglich in der Höhe Kürzungen vorgenommen und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.555,38 EUR nebst Zinsen materiellen Schadensersatz sowie ein Schmerzensgeld i.H.v. 7.000 EUR zu zahlen.

Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, weder der Beklagten zu 1. noch der Beklagten zu 2. sei der ihnen jeweils offen stehende Entlastungsbeweis gelungen. Hingegen sei der Klägerin weder ein Mitverschulden i.S.v. § 254 BGB anzurechnen, noch eine Mithaftung unter dem Gesichtspunkt des § 834 BGB.

Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihren form- und fristgerecht eingelegten Berufungen, wobei sie jeweils auf Änderung des angefochtenen Urteils und Abweisung der Klage antragen, während die Klägerin Zurückweisung der Berufungen beantragt.

Die Beklagte zu 1. ist weiterhin der Auffassung, sie sei für den Zeitraum, in dem das Pferd von der Beklagten zu 2. im Rahmen der Reitbeteiligung genutzt wurde, nicht Halterin gewesen; jedenfalls sei das LG zu Unrecht zu der Auffassung gelangt, dass sie den Entlastungsbeweis nicht geführt habe. Auch die Beklagte zu 2. ist der Auffassung, ihr sei mit dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten der Entlastungsbeweis gelungen.

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Einholung eines mündlichen Gutachtens der Sachverständigen W.; darüber hinaus wurden die Parteien persönlich angehört. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme und der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk über den Termin vom 31.5.2007 Bezug genommen.

Die Berufungen der Beklagten sind begründet.

Der Klägerin stehen keine Ersatzansprüche gegen die Beklagten aus den in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen §§ 833, 834, 253 Abs. 2, 840 Abs. 1 BGB aufgrund des Unfalles vom 18.1.2004 zu.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme haben beide Beklagte den ihnen jeweils offen stehenden Entlastungsbeweis i.S.v. § 833 S. 2 BGB (Beklagte zu 1.) bzw. § 834 S. 2 BGB (Beklagte zu 2.) geführt.

Die Beklagte zu 1. war auch zum Unfallzeitpunkt Halterin von "M."; allein dadurch, dass der Beklagten zu 2., die damit Tierhüterin i.S.v. § 834 BGB war, das Tier im Rahmen einer Reitbeteiligung für einen Tag pro Woche gegen Entgelt bzw. Stalldienst ...

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