Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz gegen Rechtsanwalt nach Vergleichsschluss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kündigt ein Rechtsanwalt seinen Auftrag, ohne durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Teils dazu veranlasst zu sein, steht ihm ein Anspruch auf Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Mandanten kein Interesse haben.

2. Der Rechtsanwalt hat den sichersten Weg für die Durchsetzung der Interessen seiner Mandanten zu wählen und dazu die Vor- und Nachteile einer Vorschussklage gegenüber einer Schadensersatzklage abzuwägen.

3. Hat ein Rechtsanwalt durch die Wahl des unsichereren Weges das Risiko der Verjährung erhöht, kann ihm ein darauf beruhender Vergleichsschluss als Schaden zugerechnet werden.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 628 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 28.12.2005; Aktenzeichen 7 O 409/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.12.2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des LG Itzehoe unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger werden verurteilt, als Gesamtschuldner 6.126,53 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.9.2005 an die Beklagten als Gesamtgläubiger zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Kläger als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Beklagten als Gesamtgläubigern sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die den Beklagten dadurch entstanden sind und entstehen, dass die Kläger im Vorprozess vor dem LG Itzehoe - Aktenzeichen 6 O 577/02 - zunächst eine unschlüssige Vorschussklage und nicht sogleich eine Schadensersatzklage mit einem Zahlungs- und einem Feststellungsantrag erhoben haben.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Kläger wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 83 % und die Beklagten zu 17 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 29.839,99 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Wegen der der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das angefochten Urteil (Bl. 107-118 d.A.) Bezug genommen. Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten (Bl. 119, 135 d.A.) und begründeten (Bl. 143 d.A.) Berufung haben die Beklagten zunächst beantragt, unter Abänderung des am 28.12.2005 verkündeten Urteils des LG Itzehoe

a) die Klage in Höhe weiterer 1.778,75 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.6.2005 abzuweisen,

b) die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie - die Beklagten - als Gesamtgläubiger 11.361,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2005 zu zahlen,

c) festzustellen, dass die Kläger verpflichtet sind, als Gesamtschuldner ihnen - den Beklagten - als Gesamtgläubiger den Schaden zu ersetzen, der ihnen aufgrund der am 24.10.2002 durch die erklärte Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung und durch die am 4.12.2002 als Teilklage erhobene Klage entstehen wird.

Im Termin vom 19.9.2006 haben die Beklagten den Feststellungsantrag dahin geändert, dass sie nunmehr beantragen, festzustellen, dass die Kläger als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihnen - den Beklagten - als Gesamtgläubigern sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die ihnen dadurch entstanden sind und entstehen, dass die Kläger im Vorprozess vor dem LG Itzehoe - Aktenzeichen 6 O 577/02 - zunächst eine unschlüssige Vorschussklage und nicht sogleich eine Schadensersatzklage mit einem Zahlungs- und einem Feststellungsantrag erhoben haben.

Die Kläger begehren eine Zurückweisung der Berufung. Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Anschlussberufung (Bl. 149 d.A.) beantragen sie ferner, unter teilweiser Änderung des Urteils des LG Itzehoe vom 28.12.2005, Aktenzeichen 7 O 409/05, die Beklagten zu verurteilen, an sie - die Kläger - 3.478,06 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 10.6.2005 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Anschlussberufung.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache zum überwiegenden Teil Erfolg. Die zulässige Anschlussberufung der Kläger ist unbegründet.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf die von ihnen begehrte Vergütung i.H.v. 3.478,06 EUR gegen die Beklagten. Sie haben zwar einen Vergütungsanspruch i.H.v. 1.883,38 EUR erlangt. Dieser Anspruch ist jedoch gem. §§ 387 ff. BGB durch Aufrechnung der Beklagten mit einem Gegenanspruch auf Schadensersatz in entsprechender Höhe erloschen.

Der Vergütungsanspruch der Kläger kann sich nach der von ihnen erklärten außerordentlichen Kündigung des Mandatsverhältnisses (§ 627 BGB) nur aus § 628 Abs. 1 BGB ergeben. Danach kann der kündigende Dienstverpflichtete grundsätzlich einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen (§ 628 Abs. 1 Satz 1 BGB). Wenn er kündigt, ohne durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Teils dazu veranlasst zu sein, steht ihm ein Anspr...

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