Verfahrensgang

LG Lübeck (Aktenzeichen 13 HKO 39/18)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass sich die Verurteilung der Beklagten zu Ziffer 2 des Tenors des angefochtenen Urteils nur auf das Verbot der Werbung in Form von redaktionellen Veröffentlichungen richtet und nicht auch die inhaltliche Darstellung betrifft.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus dem Unterlassungstenor durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- EUR abwenden. Die Vollstreckung wegen der Kosten kann sie durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der satzungsgemäß für seine Mitglieder die allgemeine Einhaltung des Wettbewerbsrechts überwacht und durchsetzt. Die Beklagte verlegt die Zeitschriften "P." und "R."; erstere richtet sich an Jugendliche, letztere an Senioren. Die Zeitschriften liegen in der Region Lübeck zur kostenlosen Mitnahme aus. Sie bestehen zum weitaus überwiegenden Teil aus Werbeanzeigen. Nur in sehr geringem Umfang enthalten sie auch redaktionelle Beiträge. Der Kläger hat für die jeweils erste Ausgabe der Zeitschriften im Jahr 2018 beanstandet, dass sie zahlreiche Werbeanzeigen enthielten, die nicht als solche gekennzeichnet seien. Zudem hat er eine Anzeige im Magazin "P." als redaktionelle Veröffentlichung, die unzulässigerweise Werbung enthalte, gerügt. Nach erfolgloser Abmahnung hat er Klage gegen die Beklagte erhoben mit dem Antrag, ihr zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Werbungen zu veröffentlichen, wenn dies geschehe, wie in den Magazinen "P." und "R." geschehen; die Anzeigen, auf die er hierbei Bezug nimmt, werden im Klagantrag aufgelistet. Der Beklagten sei ferner Werbung in Form von redaktionellen Veröffentlichungen zu untersagen, wenn dies geschehe, wie in einem Beitrag des Magazins "P." wiedergegeben. Ergänzend hat er die Erstattung ihm vorgerichtlich entstandener Abmahnkosten in Höhe von 178,50 EUR verlangt. Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat gemeint, der Kläger sei nicht prozessführungsbefugt und sein Unterlassungsantrag zu unbestimmt. Der Werbungscharakter der Veröffentlichungen sei für die angesprochenen Verkehrskreise in Lübeck offenkundig und bedürfe keiner weiteren Klarstellung.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben.

Der Kläger sei nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Er habe nachgewiesen, dass die Rechte einer erheblichen Zahl von Mitgliedern durch die gerügten Veröffentlichungen betroffen sein könnten. Aus seiner Mitgliederliste ergebe sich, dass bereits 11 Verlage, von denen mindestens vier auch Zeitschriften herausgäben, bundesweit tätig seien und damit auf demselben Markt für die Beklagte tätig seien. Auch die Einzelinteressen verschiedener Mitglieder der Klägerin seien betroffen. Insoweit führt das Landgericht Vereinigungen und Unternehmen auf, die auf dem in den Anzeigen beworbenen Markt agieren. Auch wenn die Mitglieder des Klägers teils überregional tätig seien, die Zeitschrift der Beklagten aber nur regional vertrieben werde, handele es sich doch um potenzielle Mitbewerber. Das gelte auch hinsichtlich der Zeitschriften, die bundesweit verfügbar seien. Gerade dort bestünde ein Wettbewerbsverhältnis hinsichtlich des Verkaufs von Werbeflächen. Die erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung des Klägers sei dargelegt. Für rechtsmissbräuchliches Handeln gebe es keine Anhaltspunkte.

Der Unterlassungsantrag sei hinreichend bestimmt. Jedenfalls ergebe sich die konkrete Bezeichnung der gerügten Werbeanzeigen aus der unmittelbaren Bezugnahme auf die in den Anlagen K3 und K4 abgedruckten Veröffentlichungen.

Die Klage sei auch überwiegend begründet. Die Veröffentlichungen stellten - mit Ausnahme einer Werbung für die Sparkasse - eine unzulässige getarnte Werbung in der Form der sogenannten redaktionellen Werbung in der Presse dar. Presserechtlich gelte das Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Teil. Das Trennungsgebot gelte für solche Zeitschriften, die nicht auf dem Titelblatt unmissverständlich und eindeutig als reine Werbeschriften gekennzeichnet seien. Das Trennungsgebot diene zum einen dem Schutz der Leser vor Irreführung. Der Leser erwarte im redaktionellen Teil im Allgemeinen eine nicht von gewerblichen Interessen geleitete Information und stehe deshalb einem redaktionellen Beitrag weniger kritisch gegenüber als einer werbenden Äußerung des Unternehmens selbst. Zum anderen diene das Trennungsgebot der Erhaltung der Objektivität und Neutralität der Presse, womit auch die rechtmäßig handelnden Mitbewerber geschützt werden sollten. Es komme auf das Verständnis des verständigen Verbrauchers an. Dabei seien alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Inhalt des Berichts, dessen Anlass und Aufmachung, ...

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