Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für Erfolgshonorar eines Inkassounternehmens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars im Rahmen eines Inkassodienstleistungsvertrages begegnet heute keinen grundsätzlichen Bedenken mehr.

2. Allerdings ist eine Formularklausel, die bei Zahlung durch den Schuldner das Erfolgshonorar schon nach "erstem Tätigwerden" des Inkassobüros anfallen lässt unwirksam i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB. Das Fehlen jeglicher Spezifizierung der Tätigkeit verstößt gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Soweit bei kundenfeindlicher Auslegung der Klausel außerdem ein Verzicht selbst auf die grundsätzliche Eignung der Tätigkeit des Inkassounternehmens zur Herbeiführung des Zahlungserfolges entnommen werden kann, benachteiligt die Klausel den Auftraggeber unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

 

Normenkette

BGB §§ 242, 307 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 Nr. 1, § 611

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 10.05.2013; Aktenzeichen 17 O 166/13)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin im Übrigen wird das am 10.5.2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des LG Kiel - 17 O 166/13 - wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, 95,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 10.4.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Entgelt für Inkassodienste.

Die Klägerin ist ein eingetragenes Inkassounternehmen. Am 7.6.2007 schlossen die Parteien einen Inkassorahmenvertrag. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (Bl. 30 ff. d.A.) zugrunde. Darin heißt es u.a.:

"II. Ausschließlichkeit

1. Der Auftraggeber wird nach Auftragserteilung nicht ohne Zustimmung der A. mit dem Forderungsschuldner verhandeln oder weiterhin gegen ihn vorgehen.

2 ...

III. Vergütung

1. Im außergerichtlichen Nichterfolgsfalle wird nur die Mindestgebühr fällig.

2. Bei erfolgreichem Forderungseinzug erhält A. vom Auftraggeber aus allen auf die Forderung eingehenden Zahlungen bzw. ihrem Ausgleich oder ihrer Minderung in sonstiger Weise nach Abzug der verauslagten Kosten die erfolgsabhängige Gebühr gemäß den jeweils gültigen Konditionen ...

3. Eine erfolgsabhängige Gebühr gem. Ziff. 2 der Gebührentabelle entsteht nach erstem Tätigwerden bei Zahlung des Schuldners oder Dritten für den Schuldner, gleichgültig, ob die Zahlung an den Kunden oder A. erfolgt.

4 ...

5 ...

6. Auf alle Gebühren, Pauschalen und die erfolgsabhängige Gebühr wird die gesetzliche Mehrwertsteuer erhoben."

Die Mindestgebühr betrug nach der Gebührentabelle für Forderungen gegen Schuldner mit Sitz in Saudi-Arabien 80 EUR, die erfolgsabhängige Gebühr 25 % des eingezogenen Forderungsanteils, erhöht um weitere 2 % "bei Forderungen, die älter sind als 180 Tage". Nach Ziff. 3 der Gebührentabelle umfasst die Gebührentabelle alle außergerichtlichen Kosten.

Am 30.9.2010 beauftragte die Beklagte die Klägerin im Rahmen dieses Vertrages mit der Einziehung einer Forderung i.H.v. 157.275 EUR von der in Saudi-Arabien ansässigen Firma "R.", die sie zuvor vergeblich mit Schreiben vom 6.3.2009 und 3.7.2009 in Rechnung gestellt hatte. Am 8.10.2010 fertigte die Klägerin ein Schreiben an die Schuldnerin (Anlage K 5, Bl. 48 d.A.). Unter dem 29.10.2010 teilte sie der Beklagten mit, dass es ihr trotz verschiedener Mahnungen nicht gelungen sei, Kontakt zur Schuldnerin aufzunehmen. Am 23.12.2010 zahlte die Schuldnerin auf die einzuziehende Forderung 25.000 EUR an die Beklagte. Daraufhin machte die Klägerin aufgrund einer abweichenden Eingruppierung in der Rechnung vom 8.3.2011 eine Entgeltforderung i.H.v. 35 %, also 11.007, 50 EUR geltend, die bei der Beklagten am 9.3.2011 einging.

Die daraus berechnete Klagforderung hat die Klägerin bereits auf 27 %, also 6.750 EUR zzgl. Mehrwertsteuer, mithin 8.032,50 EUR, zzgl. Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.4.2011 reduziert und im Übrigen zurückgenommen. Daneben hat sie erstinstanzlich vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 361,90 EUR für das Mahnschreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 27.3.2012 geltend gemacht.

Die Parteien streiten darüber, inwieweit Voraussetzung für einen Gebührenanspruch der Klägerin ist, dass die Zahlung zumindest auch auf die Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen ist, und ob diese Voraussetzung - gegebenenfalls - vorliegt.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe sich zunächst am 8.10.2010 schriftlich an die Schuldnerin gewandt. Sodann habe sie am 11. und 14.10., am 30.11. und am 14.12.2010 durch ihre Mitarbeiterin Ar. versucht, über den Telefonvermittler der Schuldnerin Kontakt zu ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge