Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 11.12.1998; Aktenzeichen 14 O Kart 184/98)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsklägerinnen zu 1) und 5) wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 11. Dezember 1998 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Kiel als Kartellkammer abgeändert und der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung insgesamt zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfügungsverfahrens in I. Instanz tragen die Verfügungsklägerinnen zu 1) bis 5), die Kosten des Berufungsverfahrens die Verfügungsklägerinnen zu 1) und 5).

 

Gründe

A.) Das Landgericht hat der Verfügungsbeklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Anträge bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,

den Zuschlag auf die beschränkte Ausschreibung über die Vergabe einer Baukonzession für die Ersetzung der Herrenbrücke in Lübeck, bekanntgemacht unter der Nummer 27671-97 im EG-Amtsblatt S am 12.03.1997, zu erteilen, wenn die Angebotspreise der Bieter in der Höhe in die Vergabeentscheidung einbezogen werden, die sie durch die von der Verfügungsbeklagten vorgenommenen Änderungen erhalten haben.

Die Verfügungsklägerinnen zu 1) und 5) (im folgenden: Klägerinnen) beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils der Verfügungsbeklagten (im folgenden: Beklagten) bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, den Zuschlag auf die oben näher beschriebene beschränkte Ausschreibung über die Vergabe einer Baukonzession für die Ersetzung der Herrenbrücke in Lübeck zu erteilen,

  1. ohne den Auftrag als Bauauftrag auszuschreiben, hilfsweise ohne den Auftrag als Bauauftrag in Kombination mit einem Dienstleistungsauftrag auszuschreiben

    und/oder

  2. ohne eine ordnungsgemäße öffentliche Ausschreibung vorausgehen zu lassen

    und/oder

  3. ohne die Zuschlagskriterien „Umweltverträglichkeit” und „Finanzierungskonzept” aus den Verdinungsunterlagen zu entfernen und diese Kriterien bei der Angebotswertung außer Betracht zu lassen

    und/oder

  4. ….

    und/oder

  5. ohne im Rahmen der Ausschreibung einen Eröffnungstermin abzuhalten,

    1. dessen Termin den Anbietern bekanntgegeben wird und an dem die Anbieter teilnehmen können

      und/oder

    2. in dem mindestens die Endbeträge der Angebote oder ihrer einzelnen Abschnitte verlesen werden

      und/oder

    3. über den eine Niederschrift gefertigt wird, die zu verlesen ist

      und/oder

  6. ohne den Verdingungsunterlagen eine Leistungsbeschreibung für eine Hochbrücke beizulegen

    und/oder

  7. ohne in den Verdingungsunterlagen auf gemeinschaftsrechtliche technische Spezifikationen Bezug zu nehmen.

    und/oder

  8. wenn nach Abgabe der Angebote Verhandlungen mit einem und/oder mehreren Anbietern geführt wurden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die einstweilige Verfügung (im Urteil) vom 11. Dezember 1998 aufzuheben.

Beide Parteien beantragen zudem,

die Berufung der Gegenseite zurückzuweisen.

Von der Darstellung des Tatbestandes im übrigen wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

B.) Die Berufung der Verfügungsbeklagten führt zur vollständigen Klageabweisung. Die Berufung der Verfügungsklägerinnen bleibt demgegenüber ohne Erfolg.

I. Der Antrag der Klägerinnen zu 1) und 5) – die übrigen Klägerinnen sind nicht Partei des Berufungsverfahrens – auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann schon deshalb keinen Erfolg (mehr) haben, weil der Senat seit dem 01. Januar 1999 über Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf Vornahme oder Unterlassen einer Handlung im Vergabeverfahren gerichtet sind, nicht mehr entscheiden darf. Das folgt aus § 104 Abs. 2 GWB n. F. – eingeführt durch Vergaberechtsänderungsgesetz vom 26. August 1998 (Bundesgesetzblatt I 2512, 2546) -. Die Vorschrift lautet wie folgt:

„Rechte aus § 97 Abs. 7 sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, können außer vor den Vergabeprüfstellen nur vor den Vergabekammer und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden. Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und die Befugnisse der Kartellbehörden bleiben unberührt.”

1.) Mit der Einführung von § 104 Abs. 2 GW 1 wollte der Gesetzgeber sicherstellen, daß die Unternehmer Vergabefehler, wenn die Untersagung des Zuschlages die Zielrichtung des Antrages ist, nur und ausschließlich im Vergaberechtsweg geltend machen können. Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Schadensersatzansprüche – und die Befugnisse der Kartellbehörden – soll nur dann greifen, soweit es nicht um Unterlassungsansprüche innerhalb eines Vergabeverfahrens geht. Daß der Gesetzgeber sich dies so vorgestellt hat, wird aus den Materialien deutlich. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung (Drucksache 13/9340) ist die Regelung über die Zuständigkeit der Vergabekammern in § 114 Abs. 2 und 3 geregelt. Diese Vorschriften hatten in dem Entwurf folgenden Wortlaut:

„(2) Rechte aus § 106 Abs. 6 (jetzt § 97 Abs. 7) können außer vor den Vergabeprüfstellen nur vor den Vergabekammern und dem Besch...

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