Entscheidungsstichwort (Thema)

Alleinstellungswerbung: „… und die größte Auswahl der Welt. Mindestens.”

 

Leitsatz (amtlich)

Derb grotesk übertreibende Werbung entzieht sich sachlicher Nachprüfung. Wird eine Anpreisung (hier: „… und die größte Auswahl der Welt. Mindestens.”) vom Verbraucher als nicht ernst gemeinte Übertreibung erkannt, ist sie nicht geeignet, das Publikum irrezuführen.

 

Normenkette

UWG § 3

 

Verfahrensgang

LG Flensburg (Aktenzeichen 6 O 45/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.7.2001 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Flensburg teilweise geändert und insgesamt neu gefasst.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 4.500,00? abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich sog. brauner, weißer und grauer Ware. Die Beklagte ist ein zur M gehörendes selbstständiges Einzelhandelsunternehmen.

In einer groß angelegten Werbekampagne für die M-Gruppe wurde u.a. am 4.1.2001 im Zweiten Deutschen Fernsehen um 19.50 Uhr mit einem Werbespot geworben, der folgende Aussage enthielt:

„Wir können nur billig – und die größte Auswahl der Welt. Mindestens.”

Der Werbespot hat – tabellarisch dargestellt – folgenden Inhalt:

Sekunde Bild Text Geräusch

1 Fuß betritt Leiter

Mf, durchgehend rhythmische Musik

2 juuuuuuuuu

3 Mann mit Helm, weißes Hemd, dunkle Hose, dunkle Weste mit großem, nicht lesbaren Etikett auf der linken Seite (MM-Verkäufer?) steht auf Trittleiter, etwa mannshoch

Wir können nicht fliegen

4 setzt Flugbrille auf einatmen

5 stürzt sich kopfüber nach vorn, fällt aus dem Bild

6 nur die Leiter ist noch zu sehen

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8

9

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Wir können nur billig

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von unten erscheint der derangierte Kopf des „Fliegers” mit verschobener Flugbrille und gelöstem Helmgurt;

mit der linken Hand hält er die Verpackung des Video-Spiels „Flugtest Simulator 2000, Professional Edition” hoch

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Aufstoßen

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Von oben stürzt eine Vielzahl von Verpackungen, Video-Spielen und anderem (Fernbedienung, Bücher) auf den Kopf des Fliegers

Und die größte Auswahl der Welt

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Der Kopf verschwindet nach vorn aus dem Bild

mindestens

Kassenklingeln

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Tafel: Ich bin doch nicht blöd; MediaMarkt

Ich bin doch nicht blöd

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leere Leiter

20

Aus dem Berg der herabgefallenen Waren ragt der Arm des „Fliegers” heraus, der die Verpackung des Flugsimulatorspiels in der Hand hält

Gestützt auf die Auffassung, es handele sich bei dieser Werbung um eine unzulässige Alleinstellungswerbung, und auf die Behauptung, die Alleinstellungsaussage sei falsch, hat die Klägerin neben anderen Ansprüchen im ersten Rechtszug die Unterlassung der Werbung mit der genannten Aussage begehrt.

Das LG hat die Klage hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens als begründet angesehen und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Werbung der Beklagten gegen § 3 UWG verstoße, weil sie eine inhaltlich falsche Alleinstellungswerbung darstelle. Die Beklagte habe auch als Störer für die beanstandete Werbung einzustehen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der vollständigen Klagabweisung.

Die Berufung stellt zunächst weiter die Passivlegitimation der Beklagten in Abrede. Die Beklagte wiederholt ihre Behauptung, weder sie noch die M GmbH habe die Werbung in Auftrag gegeben. Sie trägt aber nichts dazu vor, wer die Werbung in Auftrag gegeben hat. Die Beklagte meint, es sei Sache der Klägerin, den erforderlichen Tatbeitrag der Beklagten vorzutragen.

In der Sache beanstandet die Berufung der Beklagten, dass das Urteil darauf abstelle, dass die Werbung den Eindruck erwecke, „die M-Märkte” verfügten hinsichtlich der von ihnen angebotenen Produkte um das größte Sortiment weltweit. Dass dies objektiv nicht der Fall sei, hat sie in der Berufungsbegründung zunächst als unstreitig dargestellt. Im Schriftsatz vom 18.1.2002 behauptet sie, die Aussage sei zutreffend, wenn man alle M-Märkte zusammen betrachte. Da das Unterlassungsbegehren sich aber allein gegen die M GmbH Flensburg richte, sei allein auf deren Marktstellung abzustellen. Dass sich ausgerechnet in Flensburg der größte Fachmarkt für Unterhaltungselektronik der Welt befände, sei aber vollkommen abwegig und für jedermann erkennbar, weswegen eine Irreführung i.S.d. § 3 UWG ausgeschlossen sei.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der darin enthaltenen Verweisungen Bezug genommen sowie auf den Inhalt der zweitinstanzlichen Schriftsätze der Beklagten vom 23.11.2001 und 18.1.2002 (Bl...

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