Entscheidungsstichwort (Thema)

"Realkredit" i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrkrG; Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz bei Verabredung des Hausbesuchs in gemeinsamer "Stammkneipe"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Kredit, der i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrkrG "von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht" wird, liegt auch dann vor, wenn zur Besicherung des Kredits ein bereits bestelltes Grundpfandrecht verwendet werden soll (Abweichung von BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02, BGHReport 2004, 1282 = MDR 2004, 1192 = ZIP 2004, 1394 ff. = WM 2004, 1529 ff. = BKR 2004, 359 ff.).

2. Von einer ein Widerrufsrecht ausschließenden Bestellung eines Hausbesuchs i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG (§ 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB n.F.) ist trotz Verabredung des Besuchs in einer Gaststätte dann auszugehen, wenn Vermittler und Verbraucher sich kennen und die Verabredung in der gemeinsamen "Stammkneipe" getroffen wird.

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Urteil vom 30.07.2003; Aktenzeichen 5 O 25/01)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 30.7.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Lübeck - 5 O 25/01 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann der Beklagte die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Kl. begehrt von dem Bekl. die Rückzahlung eines grundpfandrechtlichen Darlehens sowie eines Debetsaldos aus Überziehung eines Girokontos.

Zum Abschluss des Darlehensvertrages über ein Darlehen von nominal 104.833,02 DM, Nominalzins 6 % p.a. fest bis zum 30.3.1998, anfänglicher Effektivzins 8,9 %, war es im Juni 1993 gekommen, nachdem der Bekl. vom gewerblichen Vermittler Z. für den Erwerb eines Eigentum-Appartements in der Boarding-House-Anlage St. Interessiert worden war. Das Darlehen sollte über eine Grundschuld von 243.000 DM besichert werden, zu welchem Zweck laut Kaufvertrag vom 16.6.1993 ein bereits bestehendes Grundpfandrecht wiederverwendet werden sollte. Eine Belehrung des Darlehensnehmers erfolgte allein in Anlehnung an die Anforderungen des § 7 VerbrkrG. Nachdem der Beklagte in Zahlungsrückstand geraten war, die Klägerin die Geschäftsverbindung gekündigt und Zahlungsklage erhoben hatte, hat der Beklagte in seiner erstinstanzlichen Klagerwiderung den Widerruf des Darlehensvertrages erklärt sowie die Verletzung von der Klägerin obliegenden Aufklärungspflichten eingewandt. Insoweit entspricht der Sach- und Streitstand weitgehend dem der Entscheidung des XI. Zivilsenats des BGH v. 27.1.2004 (BGH v. 27.1.2004 - XI ZR 37/03, MDR 2004, 641 = BGHReport 2004, 819 = WM 2004, 620 ff. = ZIP 2004, 606 ff.= NJW 2004, 1376 ff.) zugrundeliegenden Sachverhalt.

Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Seine Berufung hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Klägerin, eine Bank, macht ggü. dem Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung eines grundpfandrechtlich gesicherten Darlehens und auf Rückzahlung eines Debetsaldos aus Überziehung eines Girokontos nebst Zahlung von Vertrags- und Verzugszinsen geltend.

Zum Abschluss des streitgegenständlichen - durch eine Grundschuld über 243.000 DM besicherten - Darlehensvertrages Nr. 104132310 über 104.833,02 DM (K 1, Bl. 13 f. d.A.: Nominalzins 6 % p.a. fest bis zum 30.3.1998, anfänglicher Effektivzins: 8,9 % p.a. ) per Datumsangabe "C., den 21.6.1993" kam es, nachdem der Beklagte im Frühjahr 1993 von einem Finanzvermittler Z. aus L. kontaktiert worden war, der von der P. GmbH eingeschaltet worden war, welche auf Veranlassung der S. GmbH & Co. Bauprojekte KG, C., ein von dieser errichtetes "Boarding-House" - eine einem Appartement-Hotel ähnliche Eigentumswohnungsanlage in St. - vermarkten sollte. Nach Kontaktaufnahme mit dem Beklagten - der seinerzeit als Schlachter beruflich tätig war - erteilte der Beklagte am 18.5.1993 zu UR-Nr. 339/1993 des Notars H. in L. (B 10, Bl. 137 ff. d.A.) unter gleichzeitigem Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages ggü. einer Firma T. GmbH dieser die Vollmacht zum Abschluss von Grundstückskaufverträgen bzw. Darlehensverträgen für das Appartement Nr. 132 zu einem Gesamtaufwand von 211.349,72 DM, wobei laut Anlage 2 des Vertragsangebots (Bl. 152 ff. d.A.) von den zu verwendenden Mitteln 15,82 % auf "Kaufpreis Grundstück", 51,34 % auf "Kaufpreis Gebäude", 4,90 % auf "Möblierung" und der restliche Anteil auf diverse - näher spezifizierte - "Neben- und Dienstleistungskosten" entfallen sollten. Die Wohnfläche des mit Kaufvertrag vom 16.6.1993 (UR-Nr. 2793/1993 des Notars Dr. F. in S., B 11, Bl. 156 ff. d.A.) erworbenen Appartements beträgt nach Angaben der Beklagten 26,12 m2. Trotz Vollmachtsgewährung unterzeichnete der Beklagte den fraglichen Darlehensvertrag selbst, welcher am Ende des Formulartextes eine "Information über das Recht zum Widerruf" m...

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