Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinweispflicht auf fehlende Insassenunfallversicherung bei Abschluss eines Vertrages über einen "Privatflug"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch vor Abschluss einer Vereinbarung über einen "Pivatflug" ist der die Beförderung durchführende Vertragspartner verpflichtet, auf das Fehlen einer Insassenunfallversicherung hinzuweisen.

2. Eine vergleichbare Verpflichtung trifft den bloßen Vermittler eines geschäftlichen Kontakts noch nicht.

 

Verfahrensgang

LG Flensburg (Urteil vom 24.04.2003; Aktenzeichen 3 O 408/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das am 24.4.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Flensburg teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 35.790,43 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 9.10.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung des Beklagten zu 2) zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin die Hälfte der Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), der Beklagte zu 2) die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie die weitere Hälfte der Gerichtskosten. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Kl. begehrt von der Bekl. zu 1) als Anbieterin von Rundflügen und dem Bekl. zu 2), der als Geschäftsführer der Bekl. zu 1). diese Rundflüge durchführt, Schadensersatz wegen Nichtabschlusses einer Insassenunfallversicherung.

Die Eltern der Kl., welche bei der Bekl. zu 1) mehrfach an Rundflügen teilgenommen hatten, unternahmen nach Kontakt zu der Bekl. zu 1) einen Rundflug mit einem vom Bekl. zu 2) geführten Wasserflugzeug. Bei einer Landung verunfallte dieses Flugzeug. Während der Bekl. zu 2) leicht verletzt überlebte, kamen die Eltern der Kl. ums Leben.

Für das eingesetzte Wasserflugzeug bestand keine Insassenunfallversicherung i.S.d. § 50 LuftVerkG. Hierauf waren die Eltern der Kl. durch die Bekl. nicht hingewiesen worden. Nach Darstellung der Kl. seien ihre Eltern auch nicht - wie die Bekl. behaupten - darauf hingewiesen worden, dass es sich bei dem Flug noch nicht um einen von der Bekl. zu 1) durchgeführten gewerbsmäßigen Flug, sondern um einen "Privatflug" des Bekl. zu 2) gehandelt habe.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Bekl. zu 2) blieb ohne Erfolg, während die Berufung der Bekl. zu 1) ihr ggü. zur Klagabweisung führte.

 

Entscheidungsgründe

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin L., der Beklagte zu 2) wurde persönlich gem. § 141 ZPO angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks vom 3.6.2004 Bezug genommen.

Während die Beklagten auf Abänderung des angefochtenen Urteils, durch das sie als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, an die Klägerin 35.790,43 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 9.10.2002 zu zahlen, und Abweisung der Klage antragen, beantragt die Klägerin Zurückweisung der Berufung.

Die Berufung der Beklagten zu 1) hat Erfolg, diejenige des Beklagten zu 2) erweist sich hingegen als unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2) gem. §§ 1922, 280 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 50 Abs. 1 LuftVerkG in der bis zum 1.8.2002 geltenden Fassung Anspruch auf Zahlung der Mindestversicherungssumme von hier zweimal 35.000 DM, also 70.000 DM entsprechend 35.790,43 Euro, aufgrund des Unfalles vom 28.5.2002, bei dem ihre Eltern, deren Alleinerbin sie ist, ums Leben gekommen sind.

Hingegen scheiden Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) aus, weil diese weder Vertragspartnerin der Erblasser für den Flug mit dem Wasserflugzeug geworden ist, noch die Beklagte zu 1) Pflichten bei der Aufnahme von Vertragsverhandlungen oder der Anbahnung eines Vertrages (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB) verletzt hätte.

Zwar beabsichtigten die Erblasser, offensichtlich veranlasst durch die Werbemaßnahmen der Beklagten zu 1) für einen Rundflug mit dem Wasserflugzeug, mit der Beklagten zu 1) einen solchen Flug zu unternehmen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aber fest, dass es zu einem Vertragsschluss mit der Beklagten zu 1) nicht gekommen ist. Die Zeugin L., Ehefrau des Beklagten zu 2) und bei der Beklagten zu 1) im Büro am Flughafen in W. angestellt, hat bekundet, die Erblasser hätten sich bei ihr nach einem Flug mit dem Wasserflugzeug erkundigt. Sie hätte ihnen erklärt, dass "wir" - also die Beklagte zu 1) - demnächst Rundflüge anbieten wollten, das aber zur Zeit wegen einer noch fehlenden Genehmigung nicht ginge. Sie hab...

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